Wirecard – ein Jahr danach: Der erste Schritt des Transformationsprozesses hat begonnen

Es ist nun fast ein Jahr her: Der 18. Juni 2020. An diesem Tag sollte der testierte Geschäftsbericht von Wirecard für das Jahr 2019 kommen. Seither ist einiges passiert. Beim Sitzungsmarathon am 20. Mai 2021 im Plenum des Deutschen Bundestages wurde das erste Paket an Reformen beschlossen. Doch das ist nur ein erster Schritt. Ist nun alles gut? Nein. Die Reformen reichen sicherlich nicht aus. Es bleibt auch festzuhalten: Einen Kulturwandel kann man nicht gesetzlich verordnet werden. Daher schaue ich weiterhin kritisch darauf, was nun passieren wird.

Ein beeindruckender Moment im Bundestag

Am 20. Mai war nicht nur das FISG zur Abstimmung im Bundestag. Zuvor sollten zwei weitere Zeugen im Untersuchungsausschuss befragt werden. Gregor Fichtelberger von EY verweigerte die Aussage, Wulf Matthias war am Vortag wieder ausgeladen worden. Nach weniger als zwei Stunden war die Sitzung zu Ende. Bei Helligkeit aus dem Bundestag? Unvorstellbar. Zumindest war es in den letzten Monaten immer noch dunkel, wenn die Sitzungen in den frühen Morgenstunden endeten.

Es bot sich die Möglichkeit, die Reden zum FISG live im Bundestag zu erleben. Für viele vielleicht nichts Besonderes. Doch ich wurde erstmals in meinem Leben als Sachverständige nicht nur im Untersuchungsausschuss, sondern wenige Monate später auch im Finanzausschuss gehört. Einer meiner Kritikpunkte? Das zweistufige System der Bilanzkontrolle. Diese hatte ich auch im Finanzausschuss vorgebracht.

Und nun saß ich im Deutschen Bundestag und sah, wie diese Kritik sich in der Gesetzesreform widerspiegelt. Das war ein Moment, den ich so schnell nicht vergessen werde. Künftig ist die Bafin allein für die Bilanzkontrolle zuständig. Die Mitarbeiter der DPR werden von der Bafin übernommen. Ich bin gespannt, auf die Umsetzung bei der Bafin. Ich verfolgte die Abstimmung auf den Bildschirmen im Bundestag.

Was noch getan werden muss

Es gab nicht nur bei der Bilanzkontrolle größere Reformen,  auch für die Abschlussprüfer und Aufsichtsräte wird sich mit dem Beschluss des FISG einiges ändern. Dazu wurde schon viel diskutiert. Doch eines ist sicher: Die Reformen sind nur ein kleines Teil eines größeren Puzzles. Doch in wenigen Wochen steht die Bundestagswahl an, weitere Reformen werden also auf sich warten lassen.

Was wurde denn nicht hinreichend diskutiert? Die Frage eines Rederechtes des Abschlussprüfers auf der Hauptversammlung. Das Thema Joint Audit. Die Frage der unbegrenzten Haftung für Abschlussprüfer – wie dies übrigens auch für Aufsichtsräte der Fall ist. Bei diesen Themen warten stehen noch einige wichtige Diskussionen an. Doch zunächst werden wir durch die sommerlichen Temperaturen schwitzen, bevor wir mit einer neuen Regierung bei FISG II durch Diskussionen ins Schwitzen kommen.

Und eines darf nicht vergessen werden: Kulturwandel kann nicht durch Reformen gelingen. Dieser bedarf einer Änderung der gelebten Kultur. Dies wird vermutlich deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, als eine weitere Gesetzesreform.

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