Wofür ist eigentlich die „Überbrückungshilfe Plus“ gezahlt worden?

Wer weiß eigentlich noch genau, welche Förderrichtlinien während der Corona-Pandemie für die jeweiligen Sofort- und Überbrückungshilfen galten? Die haben sich damals so oft geändert, dass man schon einmal durcheinander geraten konnte. Unzählige Verwaltungsgerichte durften und dürfen sich noch mit der Frage befassen, nach welchen Parametern die Soforthilfen tatsächlich zu berechnen waren. Neben den Verwaltungsgerichten sind nun auch die Finanzgerichte an der Reihe, um eine Art Ahnenforschung zu betreiben.

Kürzlich ist das FG Düsseldorf der Frage nachgegangen, ob die Überbrückungshilfe Plus des Landes Nordrhein-Westfalen den steuerpflichtigen Betriebseinnahmen zuzurechnen ist oder steuerfrei bleiben kann, weil sie vermeintlich oder tatsächlich – auch – zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten gezahlt wurde. Es hat sich für eine Besteuerung entschieden, aber die Revision zugelassen (FG Düsseldorf, Urteil vom 7.11.2023, 13 K 570/22 E).

Der Sachverhalt

Der Kläger erzielte als Freiberufler Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Im August 2020 gewährte ihm die Bezirksregierung Düsseldorf eine Überbrückungshilfe Plus von 3.000 Euro. Der Freiberufler versteuerte diesen Betrag nicht, da er der Auffassung ist, dass die Hilfe als Ersatz für die Grundsicherung gezahlt worden sei, die die Unternehmer bei Ausbleiben dieser Zahlung hätten in Anspruch nehmen müssen. Deshalb müssten die Besteuerungsgrundsätze der Grundsicherung, die schließlich steuerfrei und damit im Ergebnis steuerlich unbeachtlich sei, entsprechende Anwendung finden. Demgegenüber qualifizierte das Finanzamt die Soforthilfen als steuerpflichtige Betriebseinnahme. Auch das Finanzgericht erachtete den Ansatz der Corona-Überbrückungshilfe bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit als rechtmäßig.

Die Begründung:

Zwischen den Leistungen und dem Betrieb des Klägers bestehe ein wirtschaftlicher Zusammenhang, da die Überbrückungshilfe NRW nur an Unternehmer gezahlt worden sei, die ihre Tätigkeit während des Förderzeitraums im Haupterwerb von einer in NRW befindlichen Betriebsstätte oder einem in NRW befindlichen Sitz der Geschäftsführung aus ausgeführt hätten. Die Zahlung der NRW-Überbrückungshilfe Plus sei zudem von der Höhe des Umsatzes im Förderzeitraum abhängig gewesen. Die Zuwendungen seien vom Land NRW geleistet worden, um dem Empfänger die Möglichkeit zu geben, sich weiter der betrieblichen oder freiberuflichen Tätigkeit zu widmen. Diese betriebliche Veranlassung der Zahlungen der NRW Überbrückungshilfe Plus würde nicht dadurch aufgehoben, dass die gewährten Mittel zur Deckung von Privataufwendungen verwendet werden durften. Eine entsprechende Anwendung der Steuerbefreiung von Leistungen des Arbeitslosengeldes II auf Bezüge aus öffentlichen Mitteln für Personen, die nicht arbeitsuchend sind, sondern Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielen, käme nicht in Betracht (Quelle: FG Düsseldorf, Newsletter Dezember 2023).

Denkanstoß:

Wie erwähnt wurde die Revision zugelassen. Die Frage, ob eine „Corona-Überbrückungshilfe“, mit der Ausgaben der privaten Lebensführung beglichen werden können, als steuerpflichtige Betriebseinnahme dem steuerlichen Gewinn zuzurechnen ist, werde in der Literatur unterschiedlich beantwortet und sei höchstrichterlich noch nicht geklärt. Zwischenzeitlich wurde die Revision auch eingelegt (Az. VIII R 34/23).

In ähnlichen Fällen sollten sich Betroffene ebenfalls gegen die Versteuerung der Überbrückungshilfe Plus wehren und ein Ruhen ihres eigenen Einspruchsverfahrens beantragen, bis der BFH in dem genannten Verfahren entschieden hat. Ich nehme an, dass es ähnliche Programme wie die Überbrückungshilfe Plus NRW auch in anderen Bundesländern gab, so dass das Verfahren über NRW hinaus Bedeutung haben dürfte.

Für den Fall, dass der BFH die Auffassung des FG Düsseldorf bestätigt, ist darauf hinzuweisen, dass eine Tarifermäßigung wohl nicht in Betracht kommt. So jedenfalls sieht es das FG Münster: Die im Jahr 2020 gezahlten Corona-Hilfen stellen keine außerordentlichen Einkünfte dar, die in der Einkommensteuer nur ermäßigt zu besteuern wären (FG Münster, Urteil vom 26.4.2023, 13 K 425/22 E).

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