Zahlungen aus öffentlichen Mitteln für „professionelle“ Jugendbetreuung

Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung zu fördern, sind grundsätzlich nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Doch sind auch Zahlungen eines Jugendwerks für die Betreuung von Jugendlichen steuerfreie Einnahmen, wenn die Betreuung „professionell“ erfolgt?

Das FG Baden-Württemberg hat die Frage verneint, aber die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, so dass Betroffene bis zu einer endgültigen Entscheidung zumindest ein Stück weit auf die Steuerfreiheit hoffen dürfen (FG-Urteil vom 26.3.2019, 11 K 3207/17; Revision unter VIII R 13/19).

Der Sachverhalt: Die Klägerin ist eine staatlich anerkannte Jugend- und Heimerzieherin. Sie betreut Jugendliche auf der Grundlage eines Kooperationsvertrags mit einem Jugendwerk. Sie erbringt Leistungen nach SGB VIII. Hinsichtlich der einzelnen zu betreuenden Jugendlichen schloss sie jeweils eine als „Leistungs- und Honorarvertrag über Betreuungsstelle“ bezeichnete Vereinbarung mit einem Jugendwerk „zur Durchführung einer Hilfemaßnahme im Rahmen der Jugendhilfe“. Die Höhe ihres Tageshonorars hing vom zuständigen Jugendamt ab. Zusätzlich hatte sie für jeden Jugendlichen Anspruch auf Ersatz der Sachkosten entsprechend dem Sozialhilfesatz. Die von der Klägerin betreuten Jugendlichen wohnten in den Streitjahren in einer Wohnung mit Einzelzimmern in einem Gebäude der Klägerin, in dem sich auch ihre Wohnung befand. Gekocht wurde im Wesentlichen gemeinsam in einer Gemeinschaftsküche. Es gab Gemeinschaftsräume. Die Klägerin beschäftigte mehrere Personen. Sie machte geltend, ihre Einnahmen seien nach § 3 Nr. 11 EStG als Beihilfen steuerfrei. Das Finanzamt hingegen ging von steuerpflichtigen Einkünften aus selbständiger Arbeit aus.

Auch nach Ansicht des FG Baden-Württemberg handelt es sich um steuerpflichtige „Vergütungen für eine unternehmerisch betriebene sozialpädagogische Einzelbetreuung, Verpflegung und Unterbringung einer intensiven Betreuung bedürftiger Jugendlicher“. Die Tätigkeit sei auf Dauer zur Erzielung von Einnahmen angelegt. Die von der Klägerin erbrachten Leistungen sowie Art und Höhe der Vergütung sprächen „für einen Grad an institutionalisierter Professionalität, der über eine Aufnahme familienfremder Jugendlicher in den eigenen Haushalt“ weit hinausgehe. Es handle sich um eine erwerbsmäßig betriebene Betreuung von Jugendlichen auf Grundlage der §§ 34 und 35 SGB VIII. Die Klägerin habe die Jugendlichen nicht im Rahmen einer Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII als Pflegekinder in ihren eigenen Haushalt aufgenommen. Ihr Honorar übersteige die „Löhne für im Angestelltenverhältnis beschäftigte Erzieher um ein Vielfaches“. Ihr hoher Kostenaufwand werde bei den Betriebsausgaben berücksichtigt. Ihr Gewinn sei jedenfalls höher als das Durchschnittsentgelt der Arbeitnehmer.

Hinweis:

Interessant ist folgender Satz aus der Urteilsbegründung: „Öffentlich-rechtliche Beihilfen sind uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen. Der Umfang der Beihilfe ist unterschiedlich und von der konkreten sozialen Lage abhängig. Entscheidendes Merkmal der Beihilfe ist ihre Unentgeltlichkeit, Uneigennützigkeit und Einseitigkeit. Leistungen, die im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht werden, können dagegen nicht als Beihilfe qualifiziert werden.“

Grundsätzlich kann man dem Satz wohl zustimmen, zumal es im Urteilsfall um Gewinne von bis zu 93.000 EUR ging. Da wäre es seltsam, wenn diese steuerfrei blieben. Allerdings könnte der reine Wortlaut des § 3 Nr. 11 EStG für die Steuerfreiheit sprechen. Man darf auf das Urteil des BFH gespannt sein.

Weitere Informationen:

FG Baden-Württemberg, Urteil v. 26.03.2019 – 11 K 3207/17; Revision unter VIII R 13/19.

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