Zinsen für Stundung des Ausgleichsanspruchs bei Pflichtteilsverzicht sind zu versteuern

Um zu verhindern, dass es im Erbfall zu einem Streit kommt und Vermögen oder gar ein Unternehmen zerschlagen werden müssen, regeln viele Eltern die Nachfolge frühzeitig per Erbvertrag mit ihren Kindern. Weichende Erben verzichten darin oftmals auf die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs, erhalten aber im Gegenzug einen Ausgleichsanspruch.

Doch was geschieht steuerlich, wenn der Ausgleichsanspruch verzinst wird, weil er erst später ausgezahlt wird?

Jüngst hat der BFH wie folgt entschieden:

Verzichtet ein Kind gegenüber seinen Eltern auf künftige Pflichtteilsansprüche und erhält es dafür einen fälligen Zahlungsanspruch, so führt die Verzinsung dieses Zahlungsanspruchs zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen (BFH-Urteil vom 6.8.2019, VIII R 22/17).

Dem Urteil lag vereinfacht folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin hat drei ältere Geschwister. Im Jahre 1994 schlossen die Eltern der Klägerin und die vier Kinder einen notariell beurkundeten Pflichtteilsverzichtsvertrag ab. Die Eltern gaben an, sich wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt zu haben. Die Kinder verzichteten gegenüber dem überlebenden Elternteil auf ihr gesetzliches Pflichtteilsrecht gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von je 150.000 DM (umgerechnet 76.693,78 EUR).

Die Zahlung sollte bis zum 31.12.1994 erfolgen. Die Klägerin verzichtete in derselben Urkunde auf die Auszahlung der 150.000 DM zum 31.12.1994. An sie sollte der Betrag nebst 5 % Zinsen erst nach dem Ableben des letztversterbenden Elternteils ausgezahlt werden. Im Jahre 2015 wurden der Klägerin rund 81.000 EUR Zinsen für den Zeitraum 1994 bis 2015 ausbezahlt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Zahlung als Zinsen der Besteuerung unterliege. Der BFH hat dem zugestimmt.

Die Begründung des BFH:

Zwar unterliegt das Entgelt für den Verzicht auf den Pflichtteil nicht der Besteuerung, da es sich bei der Regulierung der Vermögensnachfolge um einen erbrechtlich, bürgerlich-rechtlich und steuerrechtlich unentgeltlichen Vertrag handelt. Anders verhält es sich aber bei den Zinsen, die die Eltern der Klägerin als Entgelt für die Stundung der Ausgleichsforderung gezahlt haben. Die Klägerin hatte den Eltern durch die Stundung einen Kredit in Höhe von 150.000 DM gewährt.

Entscheidend ist, dass die Klägerin durch den Verzicht auf ihren Pflichtteil einen fälligen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung erhalten hat, den sie erst in einem zweiten Schritt gestundet hat. Hierdurch wurden die Eltern von ihrer Verpflichtung zur Auszahlung befreit, so dass eine Kreditgewährung vorliegt. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage.

Hinweis:

Einen kleinen Trost gab es im Urteilsfall wenigstens, denn offenbar unterlagen die Zinsen nur dem Abgeltungssteuersatz von 25 % (§ 32d Abs. 1 EStG). So zumindest entnehme ich es dem Sachverhalt, wie er von der Vorinstanz dargelegt worden ist. Der BFH hat sich dazu nicht geäußert.

Weitere Informationen:

BFH, Urteil v. 06.08.2019 – VIII R 22/17

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