Zweitwohnungsteuer: Was gilt bei einer unentgeltlichen Überlassung?

Wohl niemand zahlt gerne Steuern. Als besonderes Ärgernis wird aber die Zweitwohnungsteuer empfunden. Man mag sich noch mit ihr arrangieren, wenn man den mit ihr einhergehenden Lenkungszweck, nämlich die Anzahl der Zweitwohnsitze zu reduzieren, um Wohnraum zu erhalten, nachvollziehen kann. Doch wenn sie einfach nur als Einnahmequelle der Gemeinden dient, lässt das Verständnis nach.

Ich nehme an, dass es der Klägerin in einem Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein ähnlich ergangen ist. Sie hatte nämlich ihrem Sohn eine Wohnung dauerhaft unentgeltlich überlassen. Einen Lenkungszweck der gegen sie erhobenen Zweitwohnungsteuer vermochte sicherlich nicht zu erkennen. Zu ihrem Glück hat sie vor dem VG und dem OVG obsiegt.

Ein Eigentümer oder Wohnungserbbauberechtigter kann bei Überlassung einer Wohnung an Dritte zur Zweitwohnungsteuer herangezogen werden, soweit er die Wohnung weiterhin hält und sich der Verfügungsmacht über sie nicht begibt. Auf die Hintergründe für die unentgeltliche Überlassung der Wohnung kommt es dabei nicht an. Etwas anderes gilt aber, wenn er sich der Verfügungsmacht begibt (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.1.2025, Az. 6 LB 3/24).

Der Sachverhalt – unentgeltliche Überlassung eines Reihenhauses

Der Mutter gehört ein Reihenhaus, das sie ihrem Sohn unentgeltlich überlassen hat. Ein schriftlicher Überlassungsvertrag existiert nicht. Die Mutter wohnt in einem anderen Ort. Die Gemeinde, in der sich das Reihenhaus befindet, setzte gegenüber der Mutter eine Zweitwohnungsteuer fest. Hiergegen erhob diese Widerspruch. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Wohnung von ihrem Sohn, der seinen Lebensunterhalt nicht eigenständig bestreiten könne, genutzt werde. Die Nutzung gelte befristet, zunächst, solange ihr Sohn nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten. Sie selbst könne die Wohnung daher nicht nutzen und habe durch diese auch keine finanziellen Vorteile. Das VG und das OVG pflichteten ihr bei; eine Zweitwohnungsteuer durfte nicht festgesetzt werden.

Die Begründung – Leihvertrag

Bei einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung liegt eine Verfügungsbefugnis des Eigentümers bzw. Überlassenden dann nicht mehr vor, wenn es sich um ein Rechtsverhältnis handelt, das den Anspruch auf Herausgabe beschränkt. Dies kann bei einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Leihvertrag (§ 598 BGB), in dem die Geltung der mietrechtlichen Kündigungsvorschriften der §§ 573 ff. BGB vereinbart wurde, der Fall sein oder dann, wenn der Verleiher im Einvernehmen mit dem Entleiher eine Zweckbestimmung getroffen hat und die entliehene Wohnung daher nur nach Maßgabe von § 604 Abs. 2 BGB zurückfordern kann.

Vorliegend kann angenommen werden, dass die Mutter ihrem Sohn zunächst nur im Rahmen der familiären Beziehung Wohnraum verschaffen wollte, ohne sich über die rechtliche Konstruktion dieser Nutzungsüberlassung Gedanken zu machen. Entsprechend fehlt es zwar an einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung zwischen der Mutter und ihrem Sohn. Gleichwohl ist aufgrund der Art der hier in Rede stehenden Gefälligkeit davon auszugehen, dass die Mutter und ihr Sohn konkludent einen Leihvertrag geschlossen haben und nicht nur ein Gefälligkeitsverhältnis ohne rechtsgeschäftlichen Charakter vorliegt.

Denkanstoß:

Wichtig könnte noch folgende Passage des Urteilstextes sein: „Der Senat erkennt in den insoweit von der Klägerin überzeugend beschriebenen und von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellten Beweggründen auch den Willen der Klägerin und ihres Sohnes, diesem die Wohnung verbindlich und ohne Möglichkeit der jederzeitigen Rückforderung zu überlassen, bis er finanziell unabhängig leben kann.“ In ähnlichen Fällen muss es also darum gehen, gegenüber der Verwaltung und gegebenenfalls gegenüber den Gerichten überzeugend darzulegen, dass tatsächlich eine jederzeitige Rückforderung der Wohnung so gut wie ausgeschlossen ist. Natürlich muss auch die jeweilige Gemeindesatzung im Blick behalten werden. Möglicherweise ergeben sich bereits aus ihrem Wortlaut Anhaltspunkte, um die Zweitwohnungsteuer zu vermeiden.

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?
    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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