Abfindungen: Koppelung mit betrieblicher Altersvorsorge auch später unschädlich

Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes sind nach der Fünftel-Regelung des § 34 EStG ermäßigt zu besteuern. Allerdings darf die Abfindung grundsätzlich nicht in mehreren Tranchen ausgezahlt werden, sondern muss dem Arbeitnehmer zusammengeballt, das heißt üblicherweise innerhalb eines Jahres, zufließen. Die Tarifermäßigung des § 34 EStG allein bringt bei hohen Abfindungen aber keine nennenswerte Steuerersparnis. Von größerer Relevanz ist da die – teilweise – Einzahlung der Abfindung in eine betriebliche Altersversorgung unter „Mitnahme“ der Steuerbegünstigung nach § 3 Nr. 63 EStG.

Doch die Welt ist nicht einfach und Betriebsvereinbarungen können kompliziert sein (siehe Blog-Beitrag „Tarifbegünstigung für eine „Sprinterprämie – Schwenk der Rechtsprechung“). So auch in einem Fall, den der BFH soeben entschieden hat. Ich versuche einmal, zunächst den Tenor des Urteils und dann den Fall mit eigenen Worten wiederzugeben: Wird ein Teil der Abfindung per Entgeltumwandlung einer Direktzusage zugeführt, liegt im Zeitpunkt der Entgeltumwandlung insoweit kein Zufluss von Arbeitslohn vor. Erfolgt die Auszahlung des Guthabens aus der Zusage einige Jahre später, kann eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeit i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG anzunehmen sein. Die spätere Auszahlung des Versorgungsguthabens steht der Anwendung der Tarifermäßigung nicht entgegen (BFH 23.4.2021, IX R 3/20).

Die Klägerin war bis Mai 2013 bei einem Konzern beschäftigt. Dieser hatte bereits ein betriebliches Versorgungswerk zur Schaffung einer zusätzlichen Altersvorsorge eingerichtet. Im Jahr 2013 erhielt die Klägerin von ihrem Arbeitgeber wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung. Von der vereinbarten Abfindungssumme von insgesamt rund 361.500 EUR wurden im Wege der Entgeltumwandlung 120.000 EUR in ein so genanntes Aufbaukonto der betrieblichen Altersversorgung eingezahlt (Direktzusage). Die Zahlungen in die betriebliche Altersversorgung im Jahr 2013 wurden nach § 3 Nr. 63 EStG von der Besteuerung ausgenommen; der Restbetrag wurde ermäßigt besteuert (Fünftel-Regelung). In 2015 erhielt die Klägerin aber das auf dem Aufbaukonto ausgewiesene Versorgungsguthaben in Höhe von nunmehr 144.000 EUR nebst Zinsen als Einmalbetrag ausbezahlt. Das Finanzamt versagte die Tarifglättung; FG und BFH gewährten diese. Die Auszahlung des Versorgungsguthabens sei als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit zu beurteilen, damit außerordentlich und folglich tarifermäßigt zu besteuern (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Es handele sich insoweit nicht um eine schädliche Auszahlung in zwei Teilbeträgen. Letztlich beruhte die Vereinbarung der betrieblichen Altersversorgung auf einem eigenen Rechtsgrund.

Sicherlich ist die Rechtsmaterie nicht ganz trivial und der komplette Urteilsachverhalt auch nicht leicht nachzuvollziehen. Ein Studium lohnt sich aber dennoch, da eine Möglichkeit aufgezeigt wird, wie Arbeitnehmer mit hohen Abfindungen unterm Strich möglichst steuergünstig „davonkommen“ können. Doch aufgepasst: Prüfen Sie immer, ob und inwieweit die steuerlichen Regelungen mit dem Sozialversicherungsrecht übereinstimmen. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 17.8.2017 hat da so seine Tücken.


Für weitere Details zu diesem Urteil lesen Sie die NWB Online-Nachricht: Einkommensteuer | Betriebliche Altersversorgung als außerordentliche Einkünfte (für Abonnenten kostenfrei)


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