Anbieter von Online-Bildungsleistungen: Neues BMF-Schreiben sorgt für Unruhe

Egal ob Kultur oder Bildung – ohne Internetangebote geht heute kaum noch etwas. Selbst im Gesundheitssektor sind Leistungen, die online erbracht werden, auf dem Vormarsch. All diesen Leistungen ist gemein, dass sie in umsatzsteuerlicher Hinsicht – bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen – steuerbefreit oder ermäßigt besteuert sein können.

Ein aktuelles BMF-Schreiben sorgt bei diversen Anbietern oder Schöpfern von Inhalten für Klarheit, mitunter auch für Freude, doch insbesondere bei einigen Anbietern von Bildungsleistungen für Unruhe. Und um die Leistungen der letztgenannten Gruppe soll es in diesem Blog-Beitrag gehen (BMF-Schreiben vom 29.4.2024, III C 3 – S 7117-j/21/10002 :004).

Unterscheidung zwischen Live-Streaming-Angeboten und kombinierten Angeboten

Das BMF differenziert in seinem Schreiben zunächst zwischen reinen Live-Streaming-Angeboten und kombinierten Angeboten, bei denen vorproduzierte Inhalte oder Aufzeichnungen zu einem späteren, vom Nutzer gewählten Zeitpunkt abgerufen werden können.

Das BMF führt dann aus, dass bei reinen Live-Streaming-Angeboten eventuelle Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 14, Nr. 20, Nr. 21 oder Nr. 22 UStG, also unter anderem für Bildungsleistungen, in Betracht kommen. Nun kommt es: Bei der kombinierten Bereitstellung eines Live-Streams und einer Aufzeichnung, die zu einem späteren, vom Nutzer gewählten Zeitpunkt abgerufen werden kann, handelt es sich nach Auffassung des BMF um eine Leistung eigener Art – und diese soll insgesamt dem allgemeinen Steuersatz unterliegen. Eine Aufteilung des Entgelts dürfe nicht erfolgen. Nur wenn neben der Bereitstellung eines Live-Streams ein gesondertes Entgelt für die Aufzeichnungen oder vorproduzierten Inhalte verlangt wird, würden zwei selbstständige Leistungen vorliegen, die getrennt zu beurteilen seien.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Leistungen, die vor dem 1. Juli 2024 bewirkt werden, wird es aber nicht beanstandet, wenn die Beteiligten im Hinblick auf den Leistungsort, die Umsatzsteuerbefreiungen bzw. den ermäßigten Umsatzsteuersatz übereinstimmend von anderen Grundsätzen ausgegangen sind.

Denkanstoß:

Bildungsleistende, die ihre Leistungen kombiniert per Live-Streaming und zum Download anbieten, und die ihre Leistungen – eventuell sogar nach eingehender Erörterung mit ihrem Finanzamt – bislang als umsatzsteuerfrei behandelt haben, müssen befürchten, dass die Steuerfreiheit zum 1. Juli 2024 entfällt. Aber was soll man ihnen als steuerlicher Berater überhaupt empfehlen? Sollen sie für die zusätzliche Download-Möglichkeit von Aufzeichnungen nun ein gesondertes Entgelt verlangen? Steuerlich wäre das von Vorteil, doch das können die betroffenen Unternehmer ihren Kunden zumeist kaum zumuten. Und mitunter ist die Möglichkeit aufgrund bestehender Verträge ohnehin nicht gegeben. Die Handlungsspielräume sind also begrenzt. Letztlich werden die Betroffenen den „Kostenfaktor Umsatzsteuer“ früher oder später auf ihre Kunden umlegen (müssen).

Man kann das aktuelle BMF-Schreiben, insbesondere wegen der kurzen Übergangsfrist, sicherlich kritisieren. Allerdings ist die steuerliche Einordnung von Aufzeichnungen und vorproduzierten Inhalten, die neben dem Live-Streaming angeboten werden, auch schwierig.

Einerseits: Für viele „Durchschnittsverbraucher“ ist die zusätzliche Download-Möglichkeit lediglich ein Gimmick, dem sie keine größere Beachtung schenken. Insofern könnte die zusätzliche Download-Möglichkeit lediglich als unbeachtliche Nebenleistung gewertet werden. Andererseits: Die (Online-)Inhalte von Verlagen sind steuerpflichtig. Warum sollten dann vorproduzierte Inhalte von („anderen“) Bildungsleistenden steuerfrei sein?

Das Thema wird auf jeden Fall noch für Diskussionen sorgen.

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