Anschaffungsnahe Herstellungskosten: 15-Prozent-Grenze gilt nur für Aufwendungen „nach“ Erwerb

Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen (netto) 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Man spricht von anschaffungsnahen Herstellungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Jüngst hat der BFH aber ein Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 13.11.2019 – 2 K 2304/17 bestätigt, das besagt, dass bereits vor dem Erwerb getätigte Aufwendungen nicht in die Prüfung der 15-Prozent-Grenze einzubeziehen sind (BFH-Beschluss vom 28.4.2020 – IX B 121/19). Zugegebenermaßen werden Immobilienkäufer in den meisten Fällen zwar keine gesteigerte Lust verspüren, mit umfassenden Renovierungsmaßnahmen zu beginnen, bevor sie zumindest wirtschaftlicher Eigentümer geworden sind. Doch wer sich mit dem Verkäufer gut versteht und über eine gesicherte Rechtsposition verfügt, sollte sich die genannten Entscheidungen genauer anschauen.

Vereinfacht ging es um folgenden Sachverhalt: Die Kläger erwarben ein Mehrfamilienhaus. Der vereinbarte Kaufpreis sollte (spätestens) Anfang 2012 fällig sein. Die Besitzübergabe sollte sofort nach vollständiger Kaufpreiszahlung erfolgen. Da die Käufer die Wohnungen in dem Gebäude möglichst zeitnah vermieten wollten, jedoch umfassende Renovierungen erforderlich waren, einigte man sich mit den Voreigentümern darauf, die erforderlichen Renovierungen schon vor Kaufpreiszahlung bereits ab Oktober 2011 vornehmen zu dürfen. Den Klägern entstanden für die Baumaßnahmen bereits in 2011 hohe Kosten. Die 15-Prozent-Grenze war schnell überschritten. Doch nach Ansicht von FG und BFH sind die in 2011 getätigten Aufwendungen sofort abziehbar gewesen, da diese vor der Anschaffung aufgewendet wurden.

Die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zur 15-Prozent-Grenze sei eindeutig. Sie gilt nach dem Gesetzeswortlaut nur für solche Aufwendungen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung vom Steuerpflichtigen getragen werden. Vor der Anschaffung des Grundstücks vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen sind nach den allgemeinen handelsrechtlichen Abgrenzungskriterien als Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand steuerlich zu berücksichtigen.

Hinweis:

Wer eine „Gestaltung“ wie die oben genannte wählen möchte, sollte sich zunächst zivilrechtlich absichern, um keine bösen Überraschungen zu erleiden. Und natürlich schwebt über Aufwendungen, die ohne „Besitz der Einkunftsquelle“ getätigt werden, immer das Damoklesschwert des Drittaufwands. Daher ist es auch wichtig, tatsächlich über eine Rechtsposition zu verfügen, die den späteren Besitz- bzw. Eigentumsübergang gewährleistet. Beachten Sie hierzu die BFH-Urteile vom 25.2.2009 – IX R 3/07 und vom 19.2.2019 – IX R 20/17.

2 Gedanken zu “Anschaffungsnahe Herstellungskosten: 15-Prozent-Grenze gilt nur für Aufwendungen „nach“ Erwerb

  1. Kann man denn als Käufer einer Immobilie eine Rechtsposition erlangen, aus der der Verkäufer nicht mehr rauskommt, aber gleichzeitig man noch nicht rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer wird um von diesem Urteil zu profitieren?
    Ansonsten sind ja eigentlich nur Anwendungsfälle innerhalb der Familie denkbar, wo es ein Vertrauensverhältnis gibt…

  2. Natürlich ist das eine spannende Frage. Es kann insoweit auf den Sachverhalt des besprochenen Urteils verwiesen werden. Soweit ersichtlich ging es hier nicht um nahe Angehörife. Vielleicht kann ein zivilrechtlich versierter Leser des Expertenblogs aber mehr dazu sagen.

    Mit besten Grüßen

    Christian Herold

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 5 = 2