Arbeitszimmer muss für Tätigkeit nicht erforderlich sein

Seit etwas mehr als zwei Jahren verfasse ich den „Aufreger des Monats“ für diesen Blog. Eine der ersten Entscheidungen, die ich kritisiert hatte, war ein Urteil des FG Düsseldorf. In dem Verfahren ging es um eine Flugbegleiterin, die offenbar auch Kabinenchefin war. Sie begehrte den Abzug von Kosten eines Arbeitszimmers. Dieses sei für die im Zusammenhang mit ihrem Beruf anfallenden Vor- und Nachbereitungstätigkeiten erforderlich, da ihr für diese Tätigkeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stünde.

Das Finanzamt – und auch das FG Düsseldorf ­– lehnten den Abzug der Kosten ab (FG Düsseldorf 24.4.2017, 8 K 1262/15 E). Die Begründung: „Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können zudem nur berücksichtigt werden, wenn der Raum für die Tätigkeit erforderlich ist. Dieses Kriterium ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift. Aus dem Sinnzusammenhang der Regelung zur Abzugsfähigkeit von Arbeitszimmerkosten ist jedoch zu folgern, dass ein Aufwendungsabzug nur dann erfolgen darf, wenn das Arbeitszimmer tatsächlich erforderlich für die Einkünfteerzielung ist (vgl. BFH-Urteil vom 27.9.1996, VI R 47/96, BStBl II 1997 S. 68) ….“

Diese Begründung hatte es in sich. Ein deutsches Finanzgericht schrieb also: „Dieses Kriterium ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetz“. Und „erfindet“ folglich „mir nichts dir nichts“ ein neues Tatbestandsmerkmal, nämlich das der „tatsächlichen Erforderlichkeit.“ Das war eine äußerst kreative Gesetzesauslegung.

Glücklicherweise hat der BFH dem nicht zugestimmt. Mit Urteil vom 3.4.2019 (VI R 46/17) hat er wie folgt entschieden: Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setzt voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Unerheblich ist, ob ein häusliches Arbeitszimmer für die Tätigkeit erforderlich ist. Für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen genügt die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung. Das FG hat rechtsfehlerhaft die Erforderlichkeit des Arbeitszimmers für die Tätigkeit der Klägerin als maßgebend erachtet.

Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen. Es hatte Feststellungen dazu unterlassen, ob der Raum im Streitjahr tatsächlich – wie von den Klägern behauptet – (nahezu) ausschließlich zur Einkünfteerzielung verwendet wurde oder aber neben der einkünfterelevanten Nutzung eine schädliche private (Mit-)Nutzung vorlag. Gelangt das FG zu der Erkenntnis, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Nutzung des Arbeitszimmers auf private Tätigkeiten (z.B. Erledigung privater Korrespondenz, Aufbewahrung privater Unterlagen) entfällt, scheidet ein Abzug der Aufwendungen mangels Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers sowie wegen gemischter Nutzung der Arbeitsmittel aus.

Kommt das FG hingegen zu dem Ergebnis, dass etwaige sonstige private Tätigkeiten in dem streitigen Raum im Verhältnis zur steuerrelevanten Nutzung des Arbeitszimmers als untergeordnet einzustufen sind und der Raum ausschließlich oder zumindest nahezu ausschließlich zur Erzielung von steuerbaren Einnahmen genutzt worden ist, sind die Aufwendungen für das streitige Zimmer als häusliches Arbeitszimmer zu berücksichtigen.

Die Entscheidung des BFH ist nicht überraschend. Denn bereits mit Urteil vom 8.3.2017 (IX R 52/14) hatte er entschieden, dass es kein Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ gibt. Damals war allerdings der IX. Senat zuständig. Gut, dass der VI. Senat diese Auffassung bestätigt hat.

Weitere Informationen:


Lesen Sie in der NWB Datenbank hierzu auch:

Langenkämper, Arbeitszimmer, infocenter, NWB FAAAA-41694
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