Aufreger des Monats Januar: „Die Mobilitätsprämie: Wer soll das verstehen?“

Fernpendler mit einem Arbeitsweg von mehr als 20 Kilometern, deren zu versteuerndes Einkommen innerhalb des Grundfreibetrags liegt, haben von der erhöhten Entfernungspauschale keinen Vorteil. Bei ihnen bringt ein höherer Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug keine entsprechende steuerliche Entlastung. Daher ist seit dem 1.1.2021 für Geringverdiener die Möglichkeit geschaffen worden, alternativ zur erhöhten Entfernungspauschale von 35 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer eine Mobilitätsprämie in Höhe von 14 Prozent dieser erhöhten Pauschale zu wählen (§§ 101 ff. EStG).

Wie immer bei Vergünstigungen und Prämien soll(te) die Beantragung und Auszahlung unkompliziert und schnell erfolgen können. Und wie immer in Deutschland haben Gesetzgeber und Behörden natürlich alles daran gesetzt, um diesem Anspruch eben nicht gerecht zu werden. Wäre auch ja zu schön, wenn nun wirklich jeder Anspruchsberechtigte die Mobilitätsprämie auch tatsächlich erhalten würde.

Was hat man also gemacht? Zunächst wurde der Plan, einen einfachen Prämienantrag stellen zu können, schnell wieder geändert. Nunmehr müssen Fernpendler mit geringem Einkommen, die ansonsten gar keine Steuererklärung abgeben müssten, eine solche erstellen. Wer dann die Vordrucke studiert, wird feststellen, dass es nicht ausreicht, auf Seite 1 des Hauptvordrucks das entsprechende Kreuzchen zu machen. Nein, vielmehr ist auch noch die Anlage Mobilitätsprämie auszufüllen. Nun gut, denkt man, fülle ich die Anlage halt aus. Doch damit nicht genug. Nein, nun muss auch noch die Anlage N ausgefüllt werden. Es bleibt wohl das ewige das Geheimnis der Finanzverwaltung, warum sie letztlich drei voll ausgefüllte Einzelvordrucke haben möchte.

Irgendwann werden die Pendler einen Steuerbescheid mit einer Berechnung der Mobilitätsprämie in Händen halten. Und jetzt wird es richtig lustig, denn um diese zu verstehen, muss man § 101 EStG fünfmal gelesen haben – mindestens. Ich hoffe, dass ich diesen einigermaßen korrekt in eigene Worte fassen kann. Eine Gewähr übernehme ich dafür nicht.

  • Die Mobilitätsprämie beträgt 14 Prozent der erhöhten Entfernungspauschale von 35 Cent, die wiederum erst ab dem 21. Entfernungskilometer gewährt wird. Das bedeutet folglich, dass Pendler ab dem 21. Entfernungskilometer 4,9 Cent pro Km als Prämie erhalten.
  • Bei Arbeitnehmern wird die Prämie nur gewährt, soweit die erhöhten Entfernungspauschalen mit den übrigen Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag überschreiten. Zu deutsch: Die Fahrtkosten zuzüglich weiterer Werbungskosten müssen den Arbeitnehmer-Pauschbetrag schon (erheblich) überschreiten.
  • Ein Anspruch auf die Prämie besteht nur, soweit das zu versteuernde Einkommen, welches sich unter Berücksichtigung der erhöhten Entfernungspauschalen ergibt, unterhalb des Grundfreibetrags nach § 32a EStG liegt.
  • In einem weiteren Schritt muss die erhöhte Entfernungspauschale mit dem Betrag verglichen werden, um den das zu versteuernde Einkommen den Grundfreibetrag unterschreitet. Der niedrigere Betrag ist für die Berechnung der Mobilitätsprämie maßgeblich.
  • Eine Festsetzung erfolgt nur, wenn die Mobilitätsprämie mindestens 10 Euro beträgt.

Alles klar?

Übrigens wird die Mobilitätsprämie nicht nur Arbeitnehmern gewährt, sondern auch Steuerpflichtigen mit anderen Einkünften. Selbst Vermieter können diese erhalten, auch wenn mir insoweit nicht allzu viele Sachverhalte einfallen, bei denen eine Prämie ausgezahlt werden könnte

Letztlich bleibt aus meiner Sicht festzuhalten, dass Gesetzgeber und Verwaltung es geschafft haben, die Beantragung und Festsetzung der Mobilitätsprämie derart kompliziert zu gestalten, dass viele Steuerpflichtige abgeschreckt werden.

Übrigens, nur am Rande: Das gleiche Schema haben Gesetzgeber und Behörden schon einmal unter dem Thema „Riester-Zulage“ praktiziert. Schauen Sie sich doch bitte Seite 2 der aktuellen Anlage AV 2021 an. Dort finden sich nun Abfragen zum „Widerruf des Verzichts auf den zusätzlichen Sonderausgabenabzug“. Das ist „ganz großes Kino“, wie man wohl nicht nur bei uns im Ruhrgebiet sagt.


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