Aufreger des Monats Oktober: Anzeigepflicht für Steuergestaltungen – das „Dokument des Grauens“ liegt vor

Mit Datum vom 26.9.2019 ist nun „endlich“ der Referentenentwurf des „Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ an die Verbände versandt worden. Ich hatte zwar noch nicht die Gelegenheit, das 62 Seiten umfassende Manuskript in allen Einzelheiten zu studieren. Aber klar ist: Die Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen wird kommen. Ob auch eine Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen kommen wird, ist hingegen zumindest aus heutiger Sicht fraglich.

Wie dem auch sei: Das Gesetz – egal ob Anzeigepflicht für nationale oder internationale Gestaltungen – wird unseren Berufsstand verändern und so bezeichne ich den Gesetzesentwurf auch als „Dokument des Grauens.“

Was mich bitter enttäuscht: Ich habe den Eindruck, dass die in den vergangenen Monaten von Seiten der Kammern und Verbänden geäußerte Kritik – zumindest für die grenzüberschreitenden Gestaltungen – nicht einmal im Ansatz gehört worden ist. Ganz im Gegenteil: Es finden sich sogar noch Verschärfungen gegenüber dem „nicht offiziellen“ Entwurf vom 30.1.2019. Beispielsweise gibt es nun einen § 138 h AO-E. Im Absatz 2 heißt es: „Bei marktfähigen grenzüberschreitenden Steuergestaltungen ist § 138f Absatz 6 nicht anzuwenden.“ Wenn ich den Absatz richtig verstehe, bedeutet er, dass in diesen Fällen selbst bei einer Verschwiegenheitspflicht des Intermediärs die Anzeigepflicht nicht auf den Nutzer übergeht.

Übrigens: „Hat ein Nutzer eine grenzüberschreitende Steuergestaltung … verwirklicht, so hat er diese in der Steuererklärung … anzugeben“ (§ 138 k AO-E). Die Meldung an das Bundeszentralamt für Steuern reicht also nicht. Doppelt hält bekanntlich besser.

Für mich bedeutet das Gesetz nichts anderes als einen Frontalangriff auf die freien Berufe. Und falls ein – politischer – Journalist dem Gesetz zujubeln sollte, dem möchte ich Folgendes entgegenhalten:

Er soll sich bitteschön vorstellen, er müsste seine Fragen an einen Politiker drei Wochen vor dem Interview zur Begutachtung einreichen, und zwar auf amtlichem Vordruck. Wenn er dann während des Interviews eine Frage stellt, die er zuvor nicht gemeldet hat, wird er mit einem Bußgeld von 25.000 Euro bestraft. Also, liebe Anne Wills, Frank Plasbergs und Georg Mascolos dieser Welt: Wie würdet Ihr Euch dann fühlen? Würdet Ihr Euch noch als „unabhängig“ verstehen? Vermutlich nicht. Aber warum sollen dann Steuerberater und Rechtsanwälte ihre Unabhängigkeit verlieren? Aber es ist wie immer im Leben: Solange es die anderen trifft, ist die Schadenfreude groß.

Weitere Informationen:

Referentenentwurf des „Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ (NWB Online-Nachricht)

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