Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als notwendiges Betriebsvermögen eines Einzelgewerbetreibenden

Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehört zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie entweder dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten, so das Urteil des BFH vom 12.6.2019 (X R 38/17).

Der Streitfall

Die Kläger sind Inhaber der H-GmbH, die an mehreren Standorten Einzelhandels-Fachmärkte betreibt. Die Geschäftsanteile hielten der Kläger zu 45 % und seine Ehefrau zunächst zu 55 %. Später übertrug die Klägerin eine 10-prozentige Beteiligung auf die gemeinsame Tochter. Der Kläger war auch Geschäftsführer der H-GmbH, an die er auch die genutzten Immobilien vermietet.

Im Jahr 2001 errichtete das Unternehmen einen Online-Shop, stoppte das Projekt allerdings, da der Einkaufsverband, dem die H-GmbH seinerzeit angehörte, einen Internet-Produktabsatz nicht gestattete und ein Ende der Lieferbeziehung androhte.

In Anbetracht dessen gründete der Kläger im September 2003 ein Einzelunternehmen (X e.K.) und führte mit diesem, den von der H-GmbH aufgebauten Online-Shop fort. Das erforderliche Personal wurde von der H-GmbH überlassen, von der auch die Waren zunächst zum Selbstkostenpreis bezogen wurden und deren Betriebs- und Lagerräume genutzt wurden. Im Sommer 2004 trat die H-GmbH dem Einkaufsverband Y bei. Der X e.K. wurde als Filialbetrieb der H-GmbH in den neuen Verband einbezogen. Auf diese Weise konnte der X e.K. seine Wareneinkäufe hierüber fortan unmittelbar selbst abwickeln. Die H-GmbH und der X e.K. bildeten für ihre Einkäufe eine Bonusgemeinschaft.

Aufgrund einer Außenprüfung für die Jahre 2003 bis 2006 wurden die zunächst im Privatvermögen geführten Anteile des Klägers an der H-GmbH dem Betriebsvermögen zugeordnet. Diese Zuordnung führte der Kläger fort.

Am 15.12.2010 übertrug der Kläger seine Beteiligung an der H-GmbH unentgeltlich auf die Klägerin sowie die Tochter und den Sohn. Ertragsteuerliche Folgerungen zog er hieraus nicht.

Das Finanzamt ging nach einer weiteren Außenprüfung von einer Entnahme der GmbH-Beteiligung zum 15.12.2010 aus, bewertete diese nach dem vereinfachten Ertragswertverfahrens und setzte den Entnahmegewinn unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens fest.

Im Einspruchsverfahren wandten sich die Kläger zum einen gegen die Zuordnung der Beteiligung an der H-GmbH zum Betriebsvermögen sowie gegen die Höhe des Entnahmewertes. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte lediglich hinsichtlich der Höhe des Entnahmegewinns teilweisen Erfolg.

Das Urteil des BFH

Die Beteiligung des Klägers an der H-GmbH gehörte im Zeitpunkt der unentgeltlichen Übertragung zum Betriebsvermögen seines Einzelgewerbebetriebs X e.K.

Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehört zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie entweder dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten, so der BFH.

Eine Förderung in der ersten Alternative erfordert, dass der Steuerpflichtige seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Wohle seines Einzelgewerbebetriebs einsetzt. Nach den Ausführungen des BFH ist dies regelmäßig dann gegeben, wenn zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Einzelgewerbebetrieb eine intensive und nachhaltige Geschäftsbeziehung besteht, die sich für den Einzelgewerbebetrieb als erheblich vorteilhaft erweist und dieser Vorteil seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen einer derartigen Geschäftsbeziehung wird die Kapitalbeteiligung erst recht zum Zwecke der Förderung des Einzelgewerbebetriebs eingesetzt, wenn diesem hierdurch fremdunübliche Vorteile verschafft werden.

Entnahmewert im zweiten Rechtsgang zu ermitteln

Das Finanzgericht wird allerdings nun in einem zweiten Rechtsgang den Teilwert der zum 15.12.2010 aus dem Betriebsvermögen entnommenen Beteiligung des Klägers an der H-GmbH erneut festzustellen haben. Der BFH weist vorsorglich darauf hin, dass sich die nachzuholende Sachaufklärung nicht isoliert auf die beiden streitigen Parameter „Materialaufwand“ und „Personalaufwand“ beschränken darf, sofern das Finanzgericht den Unternehmenswert der H-GmbH weiterhin nach den Grundsätzen des IDW S 1 bestimmen möchte. Ebenso sind mögliche Wechselwirkungen zu anderen Größen, die nach der IDW S 1-Methodik relevant sind bzw. sein können, einzubeziehen.


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Weitere Informationen:

BFH v. 12.06.2019 – X R 38/17

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