BMF enttäuscht die Fachwelt – Klagerücknahme im Streit um die Trennungstheorie

Seit Jahren gibt es Streit um die Frage, wie die teilentgeltliche Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens (etwa vom Einzel- oder Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft) ertragsteuerlich zu behandeln ist.

Auslöser waren zwei Urteile des IV. Senats (BFH 21.6.2012, IV R 1/08 u. 19.9.2012, IV R 11/12 zur Auslegung von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, infolgedessen sich die so genannte „modifizierte Trennungstheorie“ entwickelt hatte). Die Urteile stellten eine Abkehr von der bisherigen Sichtweise dar. Denn bislang teilte die Finanzverwaltung in Fällen der teilentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften den Vorgang in ein voll unentgeltliches und ein voll entgeltliches Geschäft auf und ordnete den Buchwert anteilig den beiden Teilen des Geschäfts zu („strenge Trennungstheorie“).

Durch diese Berechnungsweise ergibt sich aus dem entgeltlichen Teil des Geschäfts stets ein gewisser Gewinnrealisierungsbetrag. Demgegenüber entschied der IV. Senat des BFH, dass die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft nicht zur Realisierung eines Gewinns führt, wenn das Entgelt den Buchwert nicht übersteigt.

Der X. Senat des BFH konnte sich mit der Haltung des IV. Senats nie so recht anfreunden und hat daher in dem Verfahren X R 28/12 den Großen Senat (GrS 1/16) mit folgender Frage angerufen: Wie ist im Fall der teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) die Höhe eines eventuellen Gewinns aus dem Übertragungsvorgang zu ermitteln? Zuvor ist das BMF zum Verfahrensbeitritt aufgefordert worden.

Nun wartet die versammelte Fachwelt also seit Jahren auf eine Entscheidung des Großen Senats. Und was geschieht? O-Ton des BFH: „Nachdem das FA dem Begehren der Kläger im zugrunde liegenden Revisionsverfahren X R 28/12 abgeholfen hat, war dieses Verfahren sowie das beim Großen Senat des BFH geführte Verfahren GrS 1/16 ohne Entscheidung über die vorgelegte Rechtsfrage (Ermittlung eines eventuellen Gewinns aus teilentgeltlichen Übertragungen nach der strengen oder modifizierten Trennungstheorie) zu beenden.“

Was folgt daraus? So recht weiß man es (noch) nicht, zumal es ja nach wie vor keine gleichklingende höchstrichterliche Entscheidung sowohl des IV. als auch des X. Senats gibt. Jedenfalls würde ich mich in betroffenen Fällen (sofern es günstig ist) auf den Standpunkt der modifizierten Trennungstheorie stellen, nach der ein steuerpflichtiger Gewinn nicht entsteht, soweit das (Teil-)Entgelt geringer ausfällt als der Buchwert der übertragenen Wirtschaftsgüter.

Und was lernen wir? Der Große Senat des BFH sollte beim nächsten Anruf einfach schneller entscheiden.

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