Bundestag und Bundesrat verabschieden Reform des Infektionsschutzgesetzes

Das IfSG wird abermals geändert, das haben Bundestag und Bundesrat am 18.11.2020 beschlossen. Kernpunkt ist ein neuer § 28a IfSG, der während einer pandemischen Lage erforderliche Eingriffs- und Beschränkungsmaßnahmen auf eine rechtssichere Grundlage stellen will.

Eine erste Bewertung.

Hintergrund

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) wurde 2000 vom Deutschen Bundestag beschlossen und löste damit das Bundesseuchengesetz ab. Der Staat darf demnach zum Infektionsschutz in die Grundrechte eingreifen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens spielten weder das Virus SARS-CoV-2 noch die Erkrankung Covid-19 und damit verbundene Gebote (z.B. Maskenpflicht) oder Verbote (z.B. Ausgangsbeschränkungen) eine Rolle. Das Gesetz wurde daher im Zuge der Corona-Pandemie bereits im Frühjahr 2020 angepasst. Jetzt wird es noch einmal konkretisiert.

Neues IfSG konkretisiert Schutzmaßnahmen

Ziel der Gesetzesänderung ist es vor allem, bislang per Verordnung erlassene Corona-Maßnahmen gesetzlich zu regeln und konkret beispielhaft festzuschreiben. Im Infektionsschutzgesetz war bisher nur allgemein im Sinne einer Generalklausel von „notwendigen Schutzmaßnahmen“ die Rede, die die „zuständige Behörde“ treffen kann. Mit der Gesetzesnovelle wird nun ein neuer Paragraf eingefügt, der die möglichen Schutzmaßnahmen von Landesregierungen und Behörden konkret auflistet.

Das neue IfSG sieht in § 28a IfSG einen Katalog möglicher Schutzmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie, wie Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen im privaten und öffentlichen Raum, Abstandsgebote, die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sowie Beschränkungen für den Kultur- und Freizeitbereich und die Schließung von Schulen und Kitas. Hierbei nennt § 28a IfSG etwa Beschränkungen für Übernachtungsangebote, die Schließung von Einzel- oder Großhandel sowie von Gastronomiebetrieben, Absagen und Auflagen für Veranstaltungen. Bei religiösen Zusammenkünften und Demonstrationen – die besonderen Grundrechtsschutz genießen – sollen Maßnahmen nur zulässig sein, „soweit auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen“ die Corona-Eindämmung „erheblich gefährdet wäre“. Zudem werden in dem Gesetz das Verkaufs- und Konsumverbote für Alkohol auf öffentlichen Plätzen oder zu bestimmten Zeiten genannt, daneben auch die Anordnung von Reisebeschränkungen.

 Bewertung

Das reformierte IfSG mit dem neuen 28a IfSG soll größere Rechtssicherheit und auch mehr bundesweite Einheitlichkeit bringen – das ist Fortschritt. Auch die intensive parlamentarische, kontrovers geführte Diskussion in Bundestag und Bundesrat ist zu begrüßen: denn der fehlende parlamentarische Diskurs im gesetzgebenden Parlament, der durch Exekutive Verordnungen auf Länderebene nicht ersetzt werden kann, war genau das, was bei der bisherigen Bewältigung der Corona-Folgen beklagt wurde. So betrachtet ist das neue IfSG ein Erfolg der parlamentarischen Demokratie.

Bei Schutzmaßnahmen durch Verordnungen der Länder (oder bei Zuständigkeit auch des Bundes) müssen neben Gesundheitsaspekten jetzt auch soziale und wirtschaftliche Folgen, ferner die Beachtung der Verhältnismäßigkeit geprüft werden. Außerdem müssen Einschränkungen künftig immer befristet sein und den Parlamenten eine Begründung geliefert werden, warum die jeweilige konkrete Maßnahme erforderlich ist – auch das ist ein begrüßenswerter Fortschritt.

Ob es hinzunehmen ist, dass der teilweise geforderte Parlamentsvorbehalt, also das Recht von Bundestag oder Landtagen, Verordnungen zumindest im Nachhinein wieder zu kassieren, nicht den Weg ins Gesetz gefunden hat, muss der weitere Umgang mit dem neuen IfSG in der Praxis und seine Beurteilung durch die Gerichte erst noch zeigen.

Quellen
BT-Drs. 19/23944
BR-Drs. 700/20

 

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