Burnout: Sind selbst getragene Behandlungsaufwendungen Werbungkosten?

Viele Menschen leiden unter einem Burnout, sie fühlen sich im wahrsten Sinne des Wortes ausgebrannt. Wie es leider häufig bei psychischen Krankheiten ist, kämpfen die Betroffenen nicht nur mit dem Leiden an sich, sondern treffen in vielerlei Hinsicht auf Unverständnis im Bekanntenkreis, beim Arbeitgeber, bei Behörden, bei Versicherungsträgern und auch vor Gericht.

Gerade die Finanzgerichtsbarkeit bildet hier ein schlechtes Beispiel, etwa der BFH-Beschluss vom 9.11.2015 (VI R 36/13). Der Steuerpflichtige beantragte den Abzug von Aufwendungen für eine mehrwöchige stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Abteilung als Werbungskosten. Da ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den Beschwerden und der Berufstätigkeit des Klägers nicht vollends bewiesen werden konnte, wurde der Antrag jedoch abgelehnt. Besonders schwer hat es sich der BFH mit seinem Beschluss übrigens nicht gemacht.

Letztlich wird den Betroffenen in ähnlichen Fällen immer wieder vorgeworfen, dass ihre Krankheit nicht ausschließlich durch den Beruf hervorgerufen wurde und gerade auch ein Burnout nicht als „typische Berufskrankheit“ gelte. Dass es schon vor Jahren einen OECD-Forschungsbericht gab, der ein gänzlich anderes Bild vermittelt, wird seitens der Gerichtsbarkeit erst gar nicht näher überprüft (siehe OECD-Forschungsbericht Nr. 12/13: “Psychische Gesundheit und Beschäftigung: Schweiz” ).

Eine rühmliche Ausnahme, das sei erwähnt, bildet übrigens das FG Rheinland-Pfalz: Werbungskosten können bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt werden, wenn die Erkrankung durch Mobbing am Arbeitsplatz verursacht wurde (Urteil vom 22.8.2012, 2 K 1152/12).

Vielleicht findet nun aber insgesamt ein Umdenken statt, denn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat einen Burnout als Krankheit anerkannt. Das heißt: Am 1.1.2022 ist die neue Klassifikationsliste mit dem Namen ICD-11 in Kraft getreten. Nunmehr kann ein Burnout, welcher von der WHO auf chronischen Stress am Arbeitsplatz zurückgeführt wird, offiziell diagnostiziert und behandelt werden (Quelle: www.gesundearbeit.at ).

Die Anerkennung von Burnout durch die WHO ist ein wichtiger Schritt und die Finanzgerichtsbarkeit wird den Abzug von Therapiekosten nicht mehr so leicht ablehnen können. Wer glaubhaft macht, dass seine Erkrankung in erster Linie aufgrund einer besonderen Belastung am Arbeitsplatz zurückzuführen ist, kann den Eigenanteil für seinen Therapiekosten möglicherweise (doch) leichter als Werbungskosten abziehen als bislang.

Übrigens noch ein Satz zum eventuellen Abzug als außergewöhnliche Belastung, der natürlich eher möglich ist als der Abzug als Werbungskosten. Hier hat der Gesetzgeber nämlich einen Stolperstein eingebaut, der sich in § 64 EStDV findet: Den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall hat der Steuerpflichtige im Fall einer psychotherapeutische Behandlung durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu erbringen – und zwar wohlgemerkt vor Beginn der Behandlung. Das ist eine eindeutige Diskriminierung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung und die Bestimmung sollte endlich aus den EStDV entfernt werden.

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