Corona-Lockdown und Öffnungsperspektiven: Wer frisiert die Bundeskanzlerin?

Friseurbetriebe dürfen auf Basis des MPK-Beschlusses vom 10.2.2021 (Ziff. 5) sei heute (1.3.2021) wieder öffnen. Praktische Schwierigkeiten bei der Umsetzung dürften sich aber aus der Corona-Arbeitsschutzverordnung ergeben, neue Problem sind vorprogrammiert.

Hintergrund

Auf Basis des aktuellen Lockdown-Beschlusses der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin (MPK) vom 10.2.2021 ist der Lockdown in Deutschland bis 7.3.2021 verlängert. Erst am 3.3.2021 will die MPK wieder über die aktuelle Situation und mögliche Öffnungsperspektiven für Soloselbständige und Unternehmen beraten. Friseure allerdings haben bereits eine Öffnungsperspektive: Sie dürfen unter Berücksichtigung der Körperhygiene bereits ab 1.3.2021 wieder öffnen.

Aktuelle Schließung von Friseurbetrieben rechtmäßig – sagen die Verwaltungsgerichte

Die aktuell geltenden Schließungsanordnungen für Friseurbetriebe sind nach der Rechtsprechung zulässig. Es bestehe nach wie vor eine Gefahrenlage im Sinne des § 28a Abs.3 S.2 IfSG, die Betriebsuntersagungen rechtfertige. So urteilte der VGH Mannheim (v.11.2.2021 – 1 S 380/21), der Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sei verhältnismäßig. Die erheblichen Beeinträchtigungen seien den Betreibern von Friseurbetrieben bei der gebotenen Abwägung zum gegenwärtigen Zeitpunkt zumutbar. Ihren Belangen gegenüber stünden die ebenfalls gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener, für die der Staat nach Art. 2 Abs. 2 GG eine Schutzpflicht habe, und die damit verbundene Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands.

Das OVG Thüringen (v. 28.1.2021- 3 EN 22/21) sah das ebenso, weil im Rahmen der Dienstleistung der gebotene Mindestabstand dauerhaft und regelmäßig erheblich unterschritten werden müsse und dadurch eine erhöhte Infektionsgefahr bestehe, die auch bei Beachtung von Hygieneregeln nicht vollständig beseitigt werde.

Auch das OVG Lüneburg (v.15.2.2021 – 13 MN 44/21) hat die Schließungsanordnung bestätigt, aber darauf hingewiesen, „dass die Anknüpfung von Öffnungsschritten an eine 7-Tage-Inzidenz von höchstens 35, wie es der rechtlich unverbindliche Beschluss der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten vom 10.2.2021 vorsehe, weder mit der Regelung des § 28a Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes übereinstimme, noch der tatsächlichen Fähigkeit der Gesundheitsämter zur Kontaktverfolgung entspreche.“ Aufgemerkt!

Friseurbetriebe und die Einhaltung des Arbeitsschutzes

Aber auch nach dem 1.3.2021 droht den Friseuren Ungemach: Um einen bestmöglichen Infektionsschutz auch am Arbeitsplatz zu gewährleisten, hat das BMAS am 19.1.2021 auf Basis des § 18 Abs. 3 des ArbSchutzG idF vom 22.12.2020 (BGBl. I S. 3334) eine SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) vorgelegt, die am 20.1.2021 vom Bundeskabinett gebilligt worden ist. Sie ist am 22.1.2021 im BAnz (AT V.1) verkündet worden, am 27.1.2021 in Kraft getreten und bis 15.3.2021 befristet (§ 4 Corona-ArbSchV). Die Regelungen der VO gelten zum Schutz der Beschäftigten unabhängig von der Unternehmensgröße. Nur in Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten gilt eine Einteilung in feste Arbeitsgruppen (§ 2 Abs. 6 ArbSchV).

§ 2 Abs. 5 Corona-ArbSchV regelt: „Ist die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen erforderlich, so darf eine Mindestfläche von 10 Quadratmetern für jede im Raum befindliche Person nicht unterschritten werden, soweit die auszuführenden Tätigkeiten dies zulassen. Lassen die auszuführenden Tätigkeiten dies nicht zu, so hat der Arbeitgeber durch andere geeignete Schutzmaßnahmen den gleichwertigen Schutz der Beschäftigten sicherzustellen, insbesondere durch Lüftungsmaßnahmen und geeignete Abtrennungen zwischen den anwesenden Personen.“ Nach den FAQ des BMAS (Ziff.3.1) zählen auch Dienstleistungen, die – wie beim Friseur – eine körperliche Nähe oder direkten Körperkontakt erfordern, zu den angesprochenen Tätigkeiten, bei denen der Mindestabstand von 1,50 m bzw. auch die Mindestfläche von 10 qm/Person in der Regel nicht eingehalten werden kann.

Was bedeutet das in der Praxis?

Nach der „Lockerung“ für das Friseurgewerbe dürfen diese Unternehmen zwar ab 1.3.2021 ihre Dienstleistungen wieder anbieten, in Bayern aber z.B. nach § 12 Abs. 2 S.2 BayInfSchMV nur „mit den Maßgaben, dass das Personal eine medizinische Gesichtsmaske im Rahmen der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen tragen und eine Steuerung des Zutritts durch vorherige Terminreservierung erfolgen muss.“

Das bedeutet, dass wegen der 10 qm-Regel gerade kleinere Friseurbetriebe ab 1.3.2021 nur mit deutlich verminderter Kundenfrequenz und unter Auflagen wie Schutzmasken und Zutrittskontrolle tätig werden dürfen. In Kleinstbetrieben (etwa mit einer Fläche unter 25 qm) kann das bedeuten, dass außer dem Betriebsinhaber (Friseur) nur ein Kunde zeitgleich im Ladenlokal sein darf, wenn Abtrennungen nicht möglich sind; die restliche Kundschaft wartet dann auf der Straße.

Nach üppigem Umsatz klingt das nicht!

Quellen

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