Corona-Pandemie: Gesetzgeber baut Sozialschutz für Berufstätige aus

Als Reaktion auf die Folgen der Corona-Pandemie hat der Bundesgesetzgeber am 27.3.2020 den sozialen Schutz für Selbständige, Rentner und kurzfristig Beschäftigte ausgeweitet, um die wirtschaftlichen Folgen der Krise abzumildern.

Hintergrund

Die rasant zunehmende Verbreitung des Coronavirus hat spürbare Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung. Die wirtschaftlichen Auswirkungen können dazu führen, dass Menschen vorübergehend erhebliche Einkommenseinbußen erleiden. Dies kann alle Erwerbstätigen betreffen, insbesondere auch Kleinunternehmer und sog. Solo-Selbständige. Dieser Personenkreis verfügt in aller Regel nur über geringe finanzielle Rücklagen und hat auch keinen Zugang zu Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- oder Insolvenzgeld. Infolgedessen kann kurzfristig eine existenzbedrohende Situation eintreten.

Erhebliche Einkommenseinbußen können aber auch ältere und zeitlich befristet oder dauerhaft voll erwerbsgeminderte Menschen treffen. Vor diesem Hintergrund will der Gesetzgeber mit dem „Sozialschutzpaket“ zeitlich befristet Erleichterungen schaffen. Daneben stärkt das Gesetz den Sicherstellungsauftrag von sozialen Dienstleistern im Bereich der Fürsorge, Rehabilitation und Teilhabe.

Was sind die wesentlichen Schwerpunkte?

Grundsicherung  für Arbeitsuchende:
Die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), die Hilfe zum Lebensunterhalt (SGB XII) sowie die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) sichern den Lebensunterhalt, wenn keine vorrangigen Hilfen zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen nach der Corona-Krise greifen. Diese Leistungen sollen in einem vereinfachten Verfahren schnell und unbürokratisch zugänglich gemacht werden, um die Betroffenen zeitnah unterstützen zu können. Es soll niemand aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Krise in existenzielle Not geraten.

Die Beantragung der Grundsicherung für Selbständige wird erleichtert. Die Prüfung des Einkommens und die Berücksichtigung von Vermögen wird ausgesetzt. Die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sollen als angemessen gelten. Ferner sind Erleichterungen bei der Berücksichtigung von Einkommen in Fällen einer vorläufigen Entscheidung vorgesehen. Dies wird zunächst bis 30.6.2020 gelten.

Anpassung des Kinderzuschlags bei Familien:
Im Kinderzuschlag richten sich Anspruch und Höhe der Leistung normalerweise nach dem Einkommen der vergangenen sechs Monate (Bemessungszeitraum) für sechs Monate seit Antragstellung (sogenannter Bewilligungszeitraum). Für die Familien, die Einkommenseinbrüche durch die Corona-Krise erleiden, wird jetzt ein Zugang zum Kinderzuschlag geschaffen, der die veränderte Lebenllage zeitnah zur Antragstellung abbildet und die plötzlich veränderte Situation in der Familie früher berücksichtigt. Daher wird für die Prüfung des Kinderzuschlags sowohl in neuen Fällen als auch auf Antrag in sogenannten Bestandsfällen ausnahmsweise – statt an das Einkommen aus den letzten sechs Monaten vor Antragstellung – an das aktuelle Einkommen der Eltern im letzten Monat vor Antragstellung angeknüpft. Außerdem wird eine einmalige Verlängerung für sogenannte Bestandsfälle mit dem höchstmöglichen Kinderzuschlag eingeführt, damit die Leistungen möglichst ohne Unterbrechung gewährt werden können.

Hinzuverdienst wird vereinfacht:
Kurzarbeiter sollen da aushelfen, wo Leute gerade jetzt gebraucht werden: Landwirtschaft, Pflege usw. Bei Beschäftigungen in systemrelevanten Branchen und Berufen wird befristet auf die Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld teilweise verzichtet (§ 421 c SGB III). Dadurch soll ein Anreiz geschaffen werden, auf freiwilliger Basis vorübergehend Tätigkeiten in systemrelevanten Bereichen, wie z. B. der Landwirtschaft, aufzunehmen. Ohne diese Änderung würden aufgrund fehlender Anreize vermutlich kaum Nebenbeschäftigungen aufgenommen werden, so dass für die Ausgaben für Kurzarbeitergeld keine Veränderungen zu erwarten sind.

Hinzuverdienstgrenzen bei Rentnern erhöht:
Das geltende Rentenrecht sieht zwar bereits Regelungen vor, um eine Beschäftigung und eine Rente flexibel und individuell miteinander kombinieren zu können. Es führt aber bei (zusätzlichem) Einkommen über 6.300 Euro pro Kalenderjahr zur Zahlung einer Teilrente und kann damit in der aktuellen Situation dazu führen, dass eine Weiterarbeit oder Wiederaufnahme einer Beschäftigung insbesondere von medizinischem Personal oder Beschäftigten in systemrelevanten Bereichen nicht erfolgt. Der rentenrechtliche Rahmen für die Weiterarbeit oder Wiederaufnahme einer Beschäftigung nach Renteneintritt soll erleichtert werden. Für Rentner wird deshalb die Hinzuverdienstgrenze von 6.300 Euro auf 44.590 Euro erhöht, damit diese Tätigkeiten aufnehmen können, ohne dass die Rente gekürzt wird. Die neue Hinzuverdienstgrenze gilt rückwirkend ab 1.1.2020 bis 31.12.2020.

Arbeitszeitgesetz:
Mit den Neuregelungen des Arbeitszeitgesetzes wird eine Verordnungsermächtigung in das Gesetz eingefügt, um durch Rechtsverordnung in außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite (§ 5 Abs.1 des InfSchG), Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz erlassen zu können. Die Regelung soll dazu beitragen, im Notfall die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge sowie die Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern sicherzustelle Es werden Ausnahmen von Arbeitszeitgesetz geregelt, um die Versorgung und wichtige Bereiche aufrechtzuerhalten.

Kurzfristige Beschäftigung:
Für kurzfristige Beschäftigte wird die Tagesgrenze auf 115 Tage hoch gesetzt, so dass keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen.

Inkrafttreten

Der Bundestag hat die Neuregelungen am 25.3.2020 beschlossen, der Bundesrat hat am 27.3.2020 zugestimmt. Nachdem der Bundestag das neue Gesetz noch am gleichen Tag unterschrieben hat, kann das Gesetz jetzt umgehend nach Verkündung in Kraft treten.

Weitere Informationen:


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