Das „verliehene“ Konto kann teuer werden

Wahrscheinlich können Viele mit dem Begriff „Kontoleihe“ nichts anfangen, doch manch Bürger, der sein Konto einem anderen für dessen Zahlungseingänge zur Verfügung gestellt hat und der vom Finanzamt mit einem Duldungsbescheid bedacht wurde, dürfte bei dem Begriff Magenschmerzen bekommen.

Worum geht es?

Am besten kann dies mit einem kleinen Beispiel dargestellt werden: Ein Freund lebt auf großem Fuß – er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, wohnt in einer Villa, fährt ein teures Auto und macht Urlaube, von denen andere nur träumen. Eines Tages nimmt er seinen besten Freund zur Seite und eröffnet ihm, er habe gerade etwas Probleme mit seiner Bank – es gäbe irgendein technisches Problem mit seinem Konto. Er sagt seinem Freund, dass er einen größeren Honorareingang erwarte und bittet ihn, dass die Zahlung auf dessen Konto eingehen dürfe. Er möge ihm den Betrag anschließend in bar aushändigen. Der Freund sagt zu – warum auch nicht? Doch eines dunklen Tages flattert dem „Kontoleiher“ ein Duldungsbescheid des Finanzamts ins Haus, mit dem er aufgefordert wird, die Steuerschulden seines Freundes von 50.000 Euro zu begleichen.

Ist der Duldungsbescheid rechtens? Im Prinzip ja. Die Begründung findet sich im Anfechtungsgesetz in Verbindung mit § 166 BGB. Bei einer wissentlichen Benachteiligung von Gläubigern mittels der Kontoleihe muss der Kontoinhaber für den Schuldner einstehen.

Es sollen hier nicht alle Details des Anfechtungsrechts dargestellt werden; vielmehr sollen Betroffene für die Problematik sensibilisiert werden. Vor allem ist eine Tendenz der Gerichte zu erkennen, dass sie hinsichtlich der Beurteilung, ob tatsächlich eine „wissentliche“ Benachteiligung der Gläubiger erfolgte, immer geringere Anforderung stellen. Hinzuweisen ist beispielsweise auf das BFH-Urteil vom 23.8.2022 (VII R 21/21).

Ein besonders drastischer Fall:

Der Ehemann ist als Angestellter tätig. Er hat jedoch noch Steuerschulden aus einer früheren gewerblichen Tätigkeit. Pfändungsversuche des Finanzamts wären bei ihm ohne Erfolg. Er bittet seinen Arbeitgeber, das Nettogehalt unmittelbar auf das Konto seiner Frau zu überweisen, damit er seiner Unterhaltsverpflichtung direkt nachkommen könne. Als das Finanzamt von der Zahlung des Gehalts auf das Konto der Ehefrau erfährt, erlässt es gegenüber dieser einen Duldungsbescheid und pfändet die Guthaben auf ihrem Konto.

Das Finanzamt führt im Wesentlichen aus, dass die Überweisungen des Ehemannes vorsätzlich mit dem Ziel der unmittelbaren Benachteiligung der Gläubiger vorgenommen worden seien. Die Ehefrau sei daher als Kontoinhaberin nach § 11 Abs. 1 AnfG verpflichtet, die Vollstreckung so zu dulden, als gehörten die gutgeschriebenen Beträge noch zum Vermögen des Ehemannes. Die Tatsache, dass das Gehalt beim Ehemann ohnehin nicht pfändbar gewesen wäre, weil keine pfändbaren Einkommensanteile vorgelegen hatten, sei unerheblich. Der BFH stimmt dem Finanzamt zu (BFH-Urteil vom 21.11.2023, VII R 11/20).

Denkanstoß:

Zugegebenermaßen sind die Sachverhalte und die Rechtslage hier sehr vereinfacht wiedergegeben worden. Mir geht es darum, allgemein auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die mit der „Zurverfügungstellung“ des eigenen Kontos für jemand anderen verbunden ist. Dabei sind es nicht unbedingt die Fälle, in denen es um „echten Betrug“ geht – mitunter können die negativen Folgen einer Kontoleihe auch durchaus gutgläubige Bürger treffen. Denn wie erwähnt: Die Anforderung an die Frage der wissentlichen Benachteiligung werden (meines Erachtens) zunehmend heruntergeschraubt.

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