Denkmalschutz: Gesetzgeber unterstellt Behörden rechtswidriges Handeln

Für Baumaßnahmen an einem vermieteten Gebäude, das denkmalgeschützt ist oder in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichem Entwicklungsbereich liegt, können erhöhte Abschreibungen nach den §§ 7h und 7i EStG beansprucht werden. Voraussetzung ist jedoch, dass der Eigentümer dem Finanzamt durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde bzw. Denkmalbehörde nachweist, dass die Bedingungen für die erhöhten AfA erfüllt sind. Der BFH hat wiederholt entschieden, dass eine Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG unabhängig von deren Rechtmäßigkeit für die Finanzverwaltung bindend ist.

Aufgrund einer Änderung durch das Jahressteuergesetz 2020 wird nunmehr aber gesetzlich festgeschrieben, dass eine offensichtlich rechtswidrige Bescheinigung der Gemeindebehörde oder Denkmalschutzbehörde nicht als Nachweis gemäß § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG anzuerkennen ist und damit keine Bindungswirkung im Besteuerungsverfahren entfaltet. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ist anzunehmen, wenn an dem Verstoß der streitigen Maßnahme/Bescheinigung gegen formelles oder materielles Recht vernünftigerweise (!) kein Zweifel besteht und sich deshalb die Rechtswidrigkeit aufdrängt.

Beispiele für eine „offensichtlich rechtswidrige Bescheinigung“ sollen unter anderem sein:

  • Bereits vor dem Beginn der Sanierungsmaßnahmen wurde die maßgebliche Sanierungssatzung aufgehoben. Gleichwohl wurden Bescheinigungen nach § 7h EStG ausgestellt, die eine Belegenheit der betroffenen Objekte in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ausweisen.
  • Die Bescheinigung der zuständigen Denkmalschutzbehörde basierte auf pauschalierten Ermittlungen der nicht begünstigungsfähigen Aufwendungen. Ein Verzeichnis über die Einzelrechnungen, in dem jeweils Vermerke zur Begünstigung der Einzelmaßnahmen anzubringen wären, wurde nicht erstellt, obgleich es sich um eine notwendige Anlage zur Bescheinigung handelt.
  • In einem Bauträgerfall lagen den durchgeführten Sanierungsarbeiten weder vorherige Sanierungsgebote der Kommune noch sonstige vorherige schriftliche Vereinbarungen zugrunde. Es wurden widersprüchliche Bescheinigungen ausgestellt, die einerseits auf das Fehlen der Gebote bzw. Vereinbarungen hinwiesen, aber andererseits den Ausweis begünstigter Sanierungsmaßnahmen enthielten.
  • Eine in einem Hinterhof belegene früher gewerblich genutzte Garage, die nicht stadtbildprägend ist, wird zu einem Wohngebäude umgebaut. Die Umbaukosten werden als nach § 7h EStG begünstigt bescheinigt.

Weitere Beispiele finden sich in der Gesetzesbegründung.

Die Finanzbehörde konnte im Falle der „offensichtlich rechtswidrige Bescheinigungen“ bislang nur ihr so genanntes Remonstrationsrecht geltend machen, welches in der Praxis meist erfolglos bleibt – so der Gesetzgeber. Um diesem Missstand im Interesse der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung zu beheben, sei eine Regelung geschaffen worden, nach der eine offensichtlich rechtswidrige Bescheinigung keine Bindungswirkung entfaltet.

Um es auf den Punkt zu bringen: Der Gesetzgeber unterstellt den zuständigen Gemeindebehörden ein offenbar gehäuft auftretendes rechtswidriges Handeln, denn würde es nur um Einzelfälle gehen, bedürfte es der gesetzlichen Neuregelung nicht. Es wundert mich ein wenig, dass die Gemeindebehörden diese Schelte auf sich sitzen lassen. Ganz davon abgesehen stellen sich natürlich für die Gemeinden Amtshaftungsfragen, wenn die Finanzämter nun beginnen, die Bescheinigungen nach § 177 BauGB im nennenswerten Umfang zu verwerfen. Dabei geht es um durchaus hohe Steuersummen. Ich vermute, dass viele Stadtkämmerer die Änderung des § 7h EStG noch nicht wirklich zur Kenntnis genommen haben, aber sie könnte für ihre Gemeinden teuer werden. Zumindest kann es unangenehm werden.

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