Die neuen GoBD liegen vor – nichts als heiße Luft?

Am 11.7.2019 hat uns das BMF mit den neuen Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff – kurz GoBD – beglückt. Das BMF-Schreiben tritt an die Stelle der alten GoBD (BMF-Schreiben vom 14.11.2014). Es ist auf Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 beginnen. Es wird nicht beanstandet, wenn der Steuerpflichtige die neuen GoBD auf Besteuerungszeiträume anwendet, die vor dem 1.1.2020 enden.

Nach dem ersten Studium konnte ich den aktuellen GoBD nicht allzu viel Neues entnehmen. Die wesentlichen Änderungen betreffen wohl die „bildliche Erfassung von Papierdokumenten.“ So wird es „aus Vereinfachungsgründen“ nicht beanstandet, wenn zum Beispiel Reisekostenbelege (etwa bei einer Dienstreise im Ausland) mittels mobiler Geräte (z.B. Smartphones) direkt erfasst werden, und zwar auch, wenn die Belege im Ausland entstanden sind bzw. empfangen wurden.

Unterblieben ist eine ausführliche Auseinandersetzung mit Cloud-Systemen. In Rz. 20 heißt es lediglich: „Auf die Bezeichnung des DV-Systems oder auf dessen Größe (z. B. Einsatz von Einzelgeräten oder von Netzwerken) kommt es dabei nicht an. Ebenfalls kommt es nicht darauf an, ob die betreffenden DV-Systeme vom Steuerpflichtigen als eigene Hardware bzw. Software erworben und genutzt oder in einer Cloud bzw. als eine Kombination dieser Systeme betrieben werden.“ Insofern sind zwar Cloud-Systeme nun explizit in den Wirkkreis der GoBD einbezogen worden. Nähere Hinweise sucht der interessierte Steuerberater oder Leiter eines Rechnungswesens jedoch vergeblich.

Wenn ich es richtig sehe, ist keine Verschärfung der Aufzeichnungspflichten für Einnahmen-Überschussrechner, Quartals- bzw. Jahreszahler sowie für Unternehmer mit umsatzsteuerfreien Umsätzen erfolgt. Es stand zu befürchten, dass auch für die genannten Steuerpflichtigen fortlaufende Verbuchungen innerhalb eines Monats zur Pflicht werden. In den Rz. 50 ff. ist aber weiterhin nur von „Erfassung“ und nicht von „Verbuchung“ die Rede. Konkret heißt es: „Bei zeitlichen Abständen zwischen Erfassung und Buchung, die über den Ablauf des folgenden Monats hinausgehen, sind die Ordnungsmäßigkeitsanforderungen nur dann erfüllt, wenn die Geschäftsvorfälle vorher fortlaufend richtig und vollständig in Grund(buch)aufzeichnungen oder Grundbüchern festgehalten werden (vgl. Rz. 50).“

Hinsichtlich der ominösen Verfahrensdokumentationen gibt es keine Entwarnung. Nach wie vor ist eine solche erforderlich. Kleinunternehmer und deren Berater können also nicht aufatmen, auch wenn sich weiterhin der Hinweis findet, dass die konkrete Ausgestaltung der Verfahrensdokumentation abhängig ist von der Komplexität und Diversifikation der Geschäftstätigkeit und der Organisationsstruktur sowie des eingesetzten DV-Systems. Soweit eine fehlende oder ungenügende Verfahrensdokumentation die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit nicht beeinträchtigt, liegt kein formeller Mangel mit sachlichem Gewicht vor, der zum Verwerfen der Buchführung führen kann.

Letztlich sei darauf hingewiesen, dass sich das BMF nicht mit dem Widerspruch zwischen den GoBD und der DSGVO befasst hat. Das heißt, die GoBD mit ihrem Erfordernis der Unveränderbarkeit sind nach wie vor nicht mit den Bestimmungen des § 35 BDSG bzw. Art. 17 EU-DSVGO in Einklang zu bringen. Sie stehen damit auch heute noch im Widerspruch zum höherrangigen Recht.

Insofern ist es höchst befremdlich, dass das BMF an einigen Stellen sprachlich den Eindruck erweckt, die GoBD hätten quasi Gesetzescharakter. Beispiel in Rz 151: „… und damit die in diesem Schreiben enthaltenen Anforderungen beachtet werden.“ Selbstverständlich sind und bleiben die GoBD eine Verwaltungsanweisung – nicht mehr und nicht weniger.

Weitere Informationen:

BMF v. 11.07.2019 – IV A 4 – S 0316/19/10003 :001 (www.bundesfinanzministerium.de)

 

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