Doppelter Haushalt: Was gilt beim Zusammenleben von Ehegatten in der Zweitwohnung?

Nicht selten nimmt der auswärts beschäftigte Steuerpflichtige seinen Partner/seine Partnerin mit an den Beschäftigungsort und lebt mit ihm/ihr gemeinsam in der Zweitwohnung. Gleichzeitig behalten sie am Heimatort ihre Wohnung bei und kehren immer wieder dorthin zurück. Zuweilen arbeiten auch beide Partner gemeinsam an dem auswärtigen Tätigkeitsort.

Für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung ist dann entscheidend, ob die Hauptwohnung noch als Lebensmittelpunkt anzusehen ist oder ob infolge des Zusammenlebens die Zweitwohnung zum Lebensmittelpunkt geworden ist.

Im Jahre 2018 hat das FG Münster entschieden, dass eine doppelte Haushaltsführung selbst dann anzuerkennen sein kann, wenn Ehegatten mit ihrem Kind viele Jahre zusammen am gemeinsamen Beschäftigungsort leben (Urteil vom 26.9.2018, 7 K 3215/16 E). Nun musste sich der BFH mit einem ähnlichen Fall befassen; allerdings hat er zuungunsten der Steuerpflichtigen entschieden. Damit liegen die Hürden für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung in den genannten Fällen hoch (BFH-Urteil vom 1.10.2019, VIII R 29/16).

Der – etwas vereinfacht dargestellte – Sachverhalt: Der Kläger, ein Arzt, erwarb im Mai 2003 eine Praxis in C. Die Ehefrau des Klägers war als Arztsekretärin und MTA tätig. Da sich in der Praxis des Ehemanns Bedarf ergab, wechselte sie als Angestellte in die Praxis. Mit der Ehefrau zogen auch die beiden Kinder nach C, um dort die Schule zu besuchen. Die Ehegatten verfügten über ein Einfamilienhaus in A. Für alle Familienmitglieder wurde im Melderegister als Hauptwohnung durchgehend die Adresse in A angegeben, die Adresse am Arbeitsort wurde als Nebenwohnung bezeichnet. Das Finanzamt lehnte den Abzug von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Die Revision wies der BFH ab. Das FG habe im Ergebnis zutreffend das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung des Klägers in den Streitjahren verneint.

Für beiderseits berufstätige Ehegatten, die mit ihren Kindern am Beschäftigungsort in einer familiengerechten Wohnung leben, sei der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls nach den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien zu bestimmen. Danach gelte die Vermutung, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen unter diesen Umständen in der Regel an den Beschäftigungsort verlagert, auch wenn die frühere Familienwohnung beibehalten und zeitweise noch genutzt wird. Der Steuerpflichtige könne aber Umstände des Einzelfalls darlegen, die entgegen der Regelvermutung auf Grundlage der erforderlichen Gesamtwürdigung für einen Lebensmittelpunkt außerhalb des Beschäftigungsorts sprechen.

Der BFH hat die Tatsachenwürdigung des FG übernommen (bzw. musste sich an diese halten). Dieses habe zum Beispiel die Wohnung am Arbeitsort für ein familiengerechtes Wohnen als geeignet eingestuft und in der Lage und Ausstattung des Einfamilienhauses in A keinen Umstand gesehen, der entscheidend für einen dortigen Lebensmittelpunkt des Klägers spreche. Gleiches gelte für die vom FG in den Blick genommenen Freizeitmöglichkeiten an beiden Orten. Das FG habe auch die sozialen Beziehungen des Klägers am Beschäftigungsort und in A betrachtet. Dabei habe es für maßgeblich gehalten, dass die Kernfamilie des Klägers aus Ehefrau und den gemeinsamen Kindern die meiste Zeit am Arbeitsort verbracht hat, und demgegenüber der in A bestehenden Beziehung und Nachbarschaft zum Bruder des Klägers ein geringeres Gewicht beigemessen.

Fazit: Die Vermutung, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen in ähnlichen Fällen üblicherweise an den Beschäftigungsort verlagert, kann zwar entkräftet werden. Dafür müssen aber seitens des Steuerpflichtigen gewichtige Argumente vorgetragen werden.

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