Entwurf für ein Inflationsausgleichgesetz – Erste Bewertung

Das BMF hat am 10.8.2022 Eckpunkte für ein Inflationsausgleichsgesetz vorgelegt. Was ist davon angesichts steigender Lebenshaltungskosten zu halten ?

Hintergrund

Seit Beginn des russischen Krieges in der Ukraine beobachten wir einen deutlichen Inflationsanstieg in ganz Europa, auch in Deutschland; im Juli 2022 lag die Teuerungsrate bei 7,5 Prozent. Ökonomen fürchten einen weiteren Anstieg, wenn befristete Entlastungsmaßnahmen wie Tankrabatt oder 9-Euro-Ticket wieder wegfallen. Mit dem Entwurf eines Inflationsausgleichsgesetzes sollen inflationsbedingte steuerliche Mehrbelastungen ausgeglichen werden, indem die Steuerlast an die Inflationsentwicklung angepasst wird. Hiervon sollen rund 48 Mio. Steuerpflichtige profitieren, mit Ausnahme besonders hoher Einkommen, die mit dem Spitzensteuersatz von 45 Prozent (sog. Reichensteuer) belastet sind.

Welche Eckpunkte beinhaltet der Gesetzentwurf?

Die BMF-Entwürfe sehen insbesondere folgende Eckpunkte vor:

  • Höherer Grundfreibetrag: zum 1.1.2023 ist eine Anhebung um 285 € auf 10.632 € vorgesehen, ab 2024 eine weitere Anhebung um 300 € auf 10.932 €
  • Ausgleich der sog. Kalten Progression: Die Tarifeckwerte sollen analog der Inflationsentwicklung verschoben werden; der Spitzensteuersatz greift dann ab 2023 erst ab 61.972 € statt wie bisher ab 59.597 € zu versteuerndem Einkommen; ab ab 2024 soll der Spitzensteuersatz erst ab 63.515 € gelten.
  • Entlastungswirkung: Durch die Maßnahmen hätten Arbeitnehmer ab 2023 durchschnittlich 193 € mehr Netto als gegenwärtig, wenn das Einkommen gleich bleibt. Hohe Einkommen ab 277.836 € sollen aber ausdrücklich von der Anpassung ausgenommen bleiben.
  • Familienunterstützung: Der Kinderfreibetrag soll schrittweise um bis zu 264. € auf 2.994 € in 2024 erhöht werden, auch das Kindergeld soll stufenweise für das erste bis dritte Kind auf 233 €, für das vierte Kind einheitlich auf 250 € angehoben werden.
  • Anhebung Unterhaltshöchstbetrag: Auch der dieser Betrag soll noch in 2022 von 9.984 € auf 10.347 € angehoben werden.

Wie sind die Pläne zu bewerten?

Dem Entwurf des BMF liegt die Frühjahrsprojektion 2022 zugrunde. Schon am 23.2.2022 hatte sich der Koalitionsausschuss auf eine Anhebung der Grundfreibetrags rückwirkend ab 1.1.2022 auf 10.347 € (bzw 20.694 € bei Ehegatten) verständigt. Allerdings ist die Frage, ob die bisherigen Entlastungspläne wirklich geeignet sind, die sog. Klage Progression „einzufangen“.Hiervon spricht man , wenn trotz einer Gehaltserhöhung nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben und unter Berücksichtigung der Teuerung die tatsächliche Kaufkraft sinkt. Gerade deshalb sollen die Grenzwerte des progressiven Steuertarifs an die Höhe der geschätzten Inflation angepasst werden.

Das BMF-Eckpunktepapier ist zwar gut gemeint, reicht aber für eine spürbare Entlastung des Steuerzahlers nicht aus. Nach einer groben Faustregel führt jeder Prozentpunkt mehr Inflation zu zusätzlichen Steuereinnahmen des Staates von 2 Mrd . Euro an Lohnsteuer: es ist also vor allem der Staat, der an der Inflation verdient.

Deshalb wäre es reicht und billig, wenn der Fiskus die Steuertabellen an die Inflationsraten anpasst, wie es früher ab 2013 der Fall war. Ansonsten bleibt die Entlastung in der aktuellen Inflationsphase ein „Tropfen auf den heißen Stein“: Also Nachbesserung bitte!

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