FG Münster erleichtert Nachweis der Besteuerung im Ausland

Vor vielen Jahren, kurz nach Einführung der Rückfallklausel des § 50d Abs. 8 EStG, habe ich an einem Lohnsteuerseminar teilgenommen. Referent war ein Vertreter der Finanzverwaltung. Es ging um die Frage, wie nachzuweisen ist, dass die Einkünfte tatsächlich im Tätigkeitsstaat versteuert wurden oder der Tätigkeitsstaat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat. Offenbar in Unkenntnis der steuerlichen Rahmenbedingungen in allen Ländern dieser Erde – wer will es ihm verübeln – verwies er auf die Finanzverwaltung der Tätigkeitsstaaten, die eine solche Bescheinigung halt ausstellen müssten. Darauf der Zwischenruf eines Teilnehmers: „Dann versuchen Sie ´mal, ein Finanzamt in Kuwait zu finden.“ (Zugegebenermaßen hat mich mein Gedächtnis hier verlassen. Es kann auch ein anderes Land mit reichen Ölvorkommen gewesen sein).

Nun ist seit damals, es war wohl das Jahr 2004, viel Zeit vergangen und so heißt es u.a. im BMF-Schreiben vom 3.5.2018 (BStBl 2018 I S. 643) : „In Staaten, in denen generell auf die Erhebung von Ertragsteuern verzichtet wird (z.B. VAE und Kuwait) wird auch heute schon von einem Nachweis über den Verzicht des ausländischen Staates auf das Besteuerungsrecht abgesehen, sofern die Ausübung der Tätigkeit in einem dieser Staaten nachgewiesen wurde (Arbeitgeberbescheinigung oder Lohnabrechnung).“

So weit, so gut. Allerdings verbleiben – bei allem Respekt – einige Staaten auf diese Erde, bei denen das fiskalische Staatswesen nicht die präzise, zeitnahe und streng reglementierte Arbeitsweise der deutschen Finanzverwaltung erkennen lässt. Doch auch hier gibt es ein Einsehen, zumindest des FG Münster.

Dieses hat entschieden, dass für den Nachweis der Besteuerung von Arbeitslohn in Indien eine Arbeitgeberbescheinigung ausreichen kann. Die Vorlage eines Einkommensteuerbescheides und eines hierauf bezogenen Zahlungsnachweises sind für die Inanspruchnahme der Freistellung gemäß § 50d Abs. 8 EStG nicht in jedem Fall zwingend erforderlich (Gerichtsbescheid vom 17.4.2020, 1 K 1035/11 E).

Der Sachverhalt:

Der Kläger war im Jahr 2008 an insgesamt 241 Tagen für seinen deutschen Arbeitgeber in Indien tätig, verfügte aber weiterhin über einen Wohnsitz in Deutschland. Ein im Auftrag der Arbeitgeberin tätiger indischer Steuerberater erstellte eine Auflistung, aus der die Höhe der indischen Lohnsteuern hervorgeht und die auch den Namen des Klägers enthält. Ferner existieren Zahlungsbelege über die von der Arbeitgeberin gezahlten Beträge. Eine Einkommensteuererklärung gab der Kläger in Indien nicht ab. Das deutsche Finanzamt unterwarf den ausländischen Arbeitslohn des Klägers dennoch der deutschen Besteuerung. Eine Freistellung komme gemäß § 50d Abs. 8 EStG nicht in Betracht, weil die tatsächliche Steuerzahlung im Ausland nicht durch einen Steuerbescheid oder eine personenbezogene Quellensteuerbescheinigung nachgewiesen worden sei. Hiergeben erhob der Arbeitnehmer Klage. Er trug vor, dass die in Indien abgeführte Lohnsteuer abgeltende Wirkung entfalte und er keine weiteren Unterlagen vorlegen könne. Das Gericht hat der Klage stattgegeben.

Die Begründung des FG:

Der in Indien erzielte Arbeitslohn sei nach den Regelungen des DBA-Indien von der deutschen Besteuerung freizustellen, weil der Kläger sich an mehr als 183 Tagen in Indien aufgehalten habe. Dem stehe § 50d Abs. 8 EStG nicht entgegen. Der Kläger habe nachgewiesen, dass sein Arbeitslohn in Indien dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurde. Dies ergebe sich aus der Auflistung des indischen Steuerberaters, den hierzu vorgelegten Zahlungsbelegen und den erläuternden Bescheinigungen des Arbeitgebers. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die abgeführte Lohnsteuer im Rahmen einer Jahresveranlagung erstattet bekommen hat. Eine solche Veranlagung sei in Indien nicht durchgeführt worden und habe auch nicht durchgeführt werden können, da der Kläger dort nicht über die erforderliche „Permanent Account Number“ verfügt habe. Selbst wenn der Kläger verpflichtet gewesen wäre, in Indien eine Steuererklärung abzugeben, ließe dies die inländische Freistellung des Arbeitslohns nicht entfallen, weil tatsächlich eine indische Besteuerung stattgefunden habe. Entscheidend sei lediglich, dass der Arbeitslohn überhaupt besteuert wurde. Ob Steuern in zutreffender Höhe gezahlt wurden, sei nicht von Bedeutung. Die Vorlage eines Jahressteuerbescheids und eines Zahlungsbelegs sei nach Sinn und Zweck der Regelung in § 50d Abs. 8 EStG nicht zwingend geboten (Quelle: FG Münster, Newsletter Juni 2020).

Das Urteil dürfte über den entschiedenen Fall „Tätigkeit in Indien“ hinaus auch für andere Länder Bedeutung haben und ist daher sehr zu begrüßen.

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