Geplante Umsatzsteuersenkung für Speisen bringt Regierung in Erklärungsnot

Mit einer (weiteren) Kleinen Anfrage (BT-Drs. 21/920) will die Fraktion der Grünen die Rolle von Interessensvertretern bei der von der Bundesregierung geplanten Senkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie klären. Ferner erwartet sie Antworten, warum gezielt diese Steuer für eine kleine Zielgruppe gesenkt werden soll, andere Steuersenkungen aber ausbleiben. Kommt die Regierung in Erklärungsnot?

Wahlversprechen und Koalitionsvertrag

Die Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD hat sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, ab dem 1.1.2026 den Mehrwertsteuersatz für Speisen in der Gastronomie von 19 auf 7 Prozent zu senken. Eine grundlegende Reform des nationalen Umsatzsteuerrechts sieht der Koalitionsvertrag hingegen nicht vor. Die mit der Umsatzsteuersenkung in der Gastronomie geschätzten Mindereinnahmen betragen laut (früherer) Bundesregierung von 2026 bis 2029 rund 14,54 Mrd. Euro.

Anfragen der Fraktion der Grünen

Die Fraktion der Grünen hat schon zuvor mit einer Anfrage Details zur geplanten Mehrwertsteuersenkung in Gastronomie wissen wollen (BT-Drs. 21/471); die Antworten der Bundesregierung (BT-Drs. 21/687) haben die Fraktion nicht zufriedengestellt. Jetzt will die Fraktion insbesondere wissen, welchen Einfluss der Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) sowie anderer gastronomischer Branchenverbände auf die Entscheidung der Bundesregierung haben, die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie zum 1.1.2026 dauerhaft zu senken.

Wissen will sie darüber hinaus, weshalb die Bundesregierung nicht die Stromsteuer für alle Verbraucher senkt „und im Gegenzug auf ähnlich teure Steuererleichterungen wie die Reduzierung der Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie verzichtet“.

Und schließlich will die Fraktion wissen, aus welchen Gründen die Bundesregierung eine Umsatzsteuersenkung auf Speisen in der Gastronomie als vordringlich Maßnahme gegenüber anderen Reformbedarfen im bestehende Umsatzsteuersystem erachtet.

Bewertung

Der Fragenkatalog könnte die amtierende Regierung in Erklärungsnot bringen, auch wenn den zuständigen Regierungsbeamten schon eine Antwort einfallen wird. In der Tat drängt sich der Verdacht auf, dass mit der partikularen Umsatzsteuersenkung eine einseitige politische Klientelpolitik zur wirtschaftlichen Unterstützung der Gastronomiebranche betrieben werden soll, die für den Steuerzahler kostspielig wird. Erst recht wird das Vorhaben – auch wenn Details von der Regierung erst noch beraten werden sollen – fragwürdig, wenn die an anderer Stelle im Koalitionsvertrag angekündigte Senkung der Stromsteuer „für alle“ am Finanzierungsvorbehalt scheitert und angesichts knapper Kassen „für alle“ erst ab 2027 umsetzbar sein soll.

Und noch ein Befund ist auffällig: Auf eine Anfrage der (damaligen) CDU/CSU-Opposition (BT-Drs. 20/10534) hatte die letzte Ampelregierung mitgeteilt, dass es eine Reform der Umsatzsteuersätze in der inzwischen abgelaufenen 20.Legislatur nicht mehr geben werde (BT-Drs. 20/10856). Obwohl eine grundlegende Prüfung der kruden Umsatzsteuersystematik in § 12 UStG allerdings dringend notwendig wäre, sieht sie die jetzige Regierung unter Führung der CDU/CSU nicht mehr in Sicht – obwohl sie das selbst vor der Übernahme der Regierungsverantwortung noch gefordert hatte.

Man kann sich also schon fragen: Ist das die Fortführung der Ampelpolitik, nur mit anderen Farben?

Weitere Informationen:

 

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

    • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
    • ehem. Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
    • ehem. Honorarprofessor an der Universität Würzburg

    Warum blogge ich hier?
    Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.

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