Große Sause beim Abschied – ohne Beteiligung des Fiskus

Niemals geht man so ganz – so lautet ein schönes Lied von Trude Herr. Den Liedtext hat sich ein GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer offenbar zu Herzen genommen und dachte, dass zumindest seine Abschiedsfeier in guter Erinnerung bleiben sollte. Und so hat er zu seiner „Dankeschön Party“ im Stil einer Zirkusveranstaltung auf einem Gutshof eingeladen. Seine 162 Gäste waren ihm 94.980 Euro (netto!) wert. Diesen Betrag machte er steuerlich geltend. Doch das Finanzamt erwies sich als Spaßbremse. Es erkannte zunächst den für Betriebsveranstaltungen maßgeblichen Freibetrag von 110 Euro, multipliziert mit der Anzahl der Mitarbeiter, an. Den übersteigenden Betrag beurteilte das Finanzamt als unangemessen. Nachdem sich der Kläger hiermit nicht einverstanden erklärte, wurden die Aufwendungen für die Abschiedsfeier insgesamt gestrichen. Nun ging es vor das Finanzgericht Nürnberg.

Doch auch die FG-Richter sahen nicht ein, dass sich der Fiskus an den Kosten der Feier beteiligen sollte. Nach Auffassung der Richter stellten die Aufwendungen angesichts der luxuriösen Örtlichkeit, des außergewöhnlichen Unterhaltungsprogramms und der aufwendigen Ausstattung der Feier unangemessenen Repräsentationsaufwand dar. Damit seien die Grenzen des Üblichen bei Weitem überschritten und selbst ein teilweiser Abzug der Aufwendungen sei nicht zulässig (FG Nürnberg, Urteil vom 19.10.2022, 3 K 51/22).

Auch wenn ich den Sachverhalt immer in aller Kürze darstelle, sei hier eine etwas ausführlichere Darstellung der Festivität erlaubt. Ich zitiere aus der Sachverhaltsdarstellung im Urteilstext:
„Besonderheiten ergäben sich auch aus dem luxuriösen Rahmen der Veranstaltung. Hier sei zum Beispiel eine Überdachung des Außenbereichs am See mittels einem 10 x 15 Meter großen sog. Flextent inkl. Lichterketten (Kosten: 5.841,71 Euro), modern dekorierte Redwood-Stehtafeln und Barstühle, vier Tetris-Theken inkl. LED-Beleuchtung und Palettenbüffets, Empfangsbereich mit Bistrostehtischen, 60 Flammschalen für Garten und Innenhof, 120 bunte Heliumballons mit Schnur und Gewichten (Kosten: 13.424,87 Euro), Pagin, Butler, sowie zwei Fotografen inkl. Anfertigung von Sofort-Portraits (Kosten: 3.921,12 Euro), Speise- und Getränkekarten in Acryl und Hartschaum, Eventschilder konturgesägt (Kosten: 1.663,74 Euro), Cigarren-Lounge (Anreise aus Berlin) und Barista-Bike (Kosten: 4.614,51 Euro) sowie das Unterhaltungsprogramm für die Zeit von 19 Uhr bis 3 Uhr, vier Musiker, zwei Sänger und zwei Techniker (Kosten: 5.833,00 Euro), das Drum Café, Trommelworkshop inkl. 170 Trommeln für die Teilnehmer (Kosten 5.262,89 Euro), Firedancer Show und Animation (Kosten: 3.383,29 Euro) und neun weitere Artisten wie „Der Dompteur“, „Der Einrad Jongleur“, „die Stelzentänzer“, „die Schwebenden“, „das Paar“, „die Reisende“ (Kosten: 13.838,55 Euro) zu nennen.“

Denkanstoß:

Der Sachverhalt war sicherlich außergewöhnlich. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist er aber über den Einzelfall hinaus interessant, weil eine Verböserung stattgefunden hatte. Zuweilen wird nämlich die Möglichkeit übersehen, dass Einspruch und Klage durchaus dazu führen können, dass man hinter das bereits „erreichte Ergebnis“ zurückfallen kann.

Materiell-rechtlich ist die Sache von Bedeutung, weil weder das Finanzamt noch das FG den beruflichen Anlass der Feier angezweifelt haben, aber dennoch den Abzug verweigert haben. Das FG führt aus: „Trotz ihrer beruflichen Veranlassung dürfen die Aufwendungen bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abzugsverbots des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 nicht berücksichtigt werden. Gegenüber § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 lex specialis und führt zu einem vollständigen Abzugsverbot.“ In anderen Fällen werden die Finanzämter angesichts dieses Urteils den Vorwurf des unangemessenen Repräsentationsaufwandes nun wohl reflexartig erheben. Und so wird es zu vielen Streitigkeiten kommen.

Unabhängig davon gilt: Bei beruflichen Feierlichkeiten sollte die Gästeliste aufbewahrt werden. Das Finanzamt wird nämlich oftmals zunächst den Vorwurf erheben, die Feier sei privat mitveranlasst gewesen. Ist das der Fall, sollte der Vorwurf widerlegt werden. Zumindest sollte dargelegt werden, welcher Gast aus beruflichen und welcher Gast aus persönlichen Gründen eingeladen worden ist. Unter Benennung des BFH-Urteils vom 18.8.2016 (VI R 52/15) kann so zumindest ein teilweiser Abzug der Kosten erreicht werden.

Und wenn sich der Fiskus tatsächlich an den Kosten der Feier beteiligt, halten wir es mit den Flippers und „sagen danke schön.“


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