Grunderwerbsteuerbefreiung im Konzern – BFH gibt dem Gesetz einen Sinn

Die Grunderwerbsteuer unterliegen standardmäßig Änderungen der Rechtsträgereigenschaft an einem Grundstück. Bei Gesellschaften greift diese Sichtweise allerdings etwas zu kurz. Werden Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft übertragen, kommt es zu keinem Rechtsträgerwechsel am Grundstück. Bei Erreichen bestimmter Schwellen an Anteilsübertragungen wird daher auch ohne Rechtsträgerwechsel am Grundstück ein grunderwerbsteuerbarer Tatbestand ausgelöst (siehe § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG).

Gerade im Bereich der Umstrukturierung von Unternehmen kann die Grunderwerbsteuer ein Hindernis sein, denn Umwandlungsvorgänge führen regelmäßig zu Änderungen in der Beteiligungsstruktur von Gesellschaften. Für diese Fälle hat der Gesetzgeber mit § 6a GrEStG eine Steuervergünstigung geschaffen, die Abhilfe leisten soll. Allerdings erfasst diese an sich gut gemeinte Vergünstigung aufgrund ihrer Ausgestaltung nur einen kleinen Anwendungsbereich. Nun hatte der BFH Gelegenheit, sich mit § 6a GrEStG zu beschäftigen und hat dankenswerter Weise der Vorschrift einen sinnvollen und vor allem praktischen Anwendungsbereich gegeben (Urteil vom 22.08.2019 – II R 18/19).

§ 6a Satz 1 GrEStG erfasst sowohl Umwandlungsvorgänge im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 – 3 UmwG (Verschmelzung, Spaltung und Vermögensübertragung) wie auch Fälle der Einbringung oder andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage. Wird aufgrund derartiger Umwandlungsmaßnahmen ein Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 2a, 3 oder 3a GrEStG verwirklicht, wird die Steuer nicht erhoben. Voraussetzung hierfür ist ein Beherrschungs- und Abhängigkeitsverhältnis der beteiligten Gesellschaften. Eine Gesellschaft ist abhängig, wenn an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von 5 Jahren vor dem Rechtsvorgang und 5 Jahre nach dem Rechtsvorgang unmittelbar und mittelbar oder teils unmittelbar teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist.

Die Anwendung der Steuervergünstigung setzt damit ein Abhängigkeitsverhältnis innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem Umwandlungsvorgang (Vorbehaltsfrist) und fünf Jahre nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist) voraus. Das hat jedoch zur Folge, dass Umwandlungsvorgänge, bei denen eine beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht, nicht in den Anwendungsbereich des § 6a GrEStG fallen. Das beschränkt den Anwendungsbereich der Vorschrift enorm, z. B. wären Verschmelzungen, Aufspaltungen, Abspaltungen zur Neugründung oder die Ausgliederung zur Neugründung nicht möglich.

Die Finanzverwaltung fordert beim § 6a GrEStG einen sog. „Verbund“. Dieser ist für den jeweiligen Umwandlungsvorgang zu bestimmen. Wird der Verbund durch die Maßnahme begründet oder beendet, scheiden eine Steuervergünstigung aus. Die Praxis hingegen fordert eine teleologische Reduktion der Vorschrift. So muss bspw. im Fall der Verschmelzung nur die übernehmende Gesellschaft fünf Jahre fortbestehen, nicht hingegen die übertragende Gesellschaft (was durchaus einleuchten mag).

Der BFH hat nun entschieden: § 6a Satz 4 GrEStG ist dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können. Diese durchaus weite Auslegung des Gesetzes findet ihren Anknüpfungspunkt in der Systematik der Vorschrift und lässt sich dadurch begründen, dass alle im Satz 1 genannten Umwandlungsvorgänge begünstigt sein sollen, ohne danach zu differenzieren wie, wohin und in welche Richtung umgewandelt wird.

Mit dieser Entscheidung erleichtert der BFH nun endlich Umstrukturierungen im Konzern, was die eigentliche Aufgabe des § 6a GrEStG ist. Die begrüßenswerte Entscheidung gibt der Vorschrift einen praktischen Anwendungsbereich und hätte m. E. gar nicht anders entschieden werden dürfen. Denn manchmal muss man sich einfach fragen, was ein Gesetz bezwecken will und wie es praktisch anzuwenden ist. In diesem Fall: Unmöglich einzuhaltende Fristen können nicht tatbestandsrelevant sein. In diesem Sinne geht mein Dank nach München.

Darüber hinaus hat der BFH noch eine Kleinigkeit mitentschieden. Die Finanzverwaltung hat den Anwendungsbereich des § 6a GrEStG auf Unternehmen im Sinne des UStG beschränkt. Das sieht der BFH ebenfalls anders, sodass die Vorschrift für alle Rechtsträger im Sinne des GrEStG gilt, die wirtschaftlich tätig sind.

Weitere Informationen:

BFH, Urteil v. 22.08.2019 – II R 18/19 (II R 62/14)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

24 + = 26