Gut gemeint ist nicht gut gemacht: Warum die Bundesregierung mit der Ver-schärfung der Rotationspflicht für Wertpapierinstitute übers Ziel hinausschießt

Wieder einmal trifft es die Kleinen

Fast verdeckt hat die Bundesregierung ein neues Gesetz beschlossen, das kurz vor Silvester 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde: Das Kreditzweitmarktförderungsgesetz. Es betrifft unter anderem die Abschlussprüfung. Ach ja? Ja, Sie haben richtig gelesen. Doch es wurde keineswegs an der Reform für die „Großen“ gearbeitet, sondern vielmehr die Gesetze für die „Kleinen“ verschärft. Was genau es damit auf sich hat und wieso der Gesetzgeber hier meines Erachtens etwas zu streng ist? Die Antwort dazu erhalten Sie in diesem Beitrag.

Was der Gesetzgeber beschlossen hat

Die branchenübergreifende externe Rotationspflicht nach zehn Jahren war einer der Folgen des Wirecard-Skandals. Zur Erinnerung: Im Herbst 2021 standen die Bundestagswahlen an, daher war der Reformdruck sehr hoch und es wurde im Mai 2021 das FISG (Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität) im Bundestag beschlossen.

Während die EU bei weiteren Reformen der Abschlussprüfung schon vor einiger Zeit auf die Pause-Taste gedrückt hat (siehe meinen Beitrag „Vertane Chance – EU-Kommission verschiebt Reform der Abschlussprüfung“) prescht Deutschland weiter voran. Der Name ist mindestens so sperrig wie von der Reform im Mai 2023: Kreditzweitmarktförderungsgesetz.

Der Hintergrund des neuen Gesetzes, das Ende 2023 beschlossen wurde, ist der hohe Bestand notleidender Kredite in den Bilanzen europäischer Banken. So weit so gut. Einer der Änderungen betrifft die Ausweitung der externen Rotationspflicht. Seit dem FISG mussten alle Unternehmen von öffentlichem Interesse ihren Abschlussprüfer nach zehn Jahren wechseln. Diese Pflicht trifft nun auch alle Wertpapierinstitute (§ 77 Abs. 1 Satz 2 WpIG). Ein kleiner Hinweis: Die EU-Vorgaben verlangen dies nicht. Hier ist Deutschland vorgeprescht. Die Ausweitung der Rotationspflicht erfolgt übrigens ohne Übergangsfrist.

Kritische Einordnung

Was der verpflichtende Wechsel der Prüfungsgesellschaften für die betroffenen Wertpapierinstitute bringen soll? Gute Frage. Er wird weder zur Qualitätssteigerung der Prüfungsergebnisse noch zu mehr Unabhängigkeit der Abschlussprüfer führen. Denn es handelt sich hier nicht um große Institute wie die Deutsche Bank – diese unterliegt ohnehin schon den strengeren Regelungen als DAX-Konzern. Die Änderungen betreffen vielmehr kleine Institute, die alleine genommen kein Erdbeben auslösen können – so wie beispielsweise der Zusammenbruch von Benkos Imperium rund um Signa und Co.

Dazu kommt: Die Einführung der externen Rotationspflicht – auch schon vor dem FISG – hat die Verschärfung der Marktkonzentration der Big4 auf dem Prüfermarkt noch weiter verstärkt. Inwieweit es im Prüfermarkt der Non-Big-4 künftig zu einer Verringerung der Anzahl an Prüfungsgesellschaften kommen wird, wird sich zeigen. Allein den Prüfern die Schuld in die Schuhe zu schieben ist zu kurz gedacht. Der Druck kommt beispielsweise auch von Aktionären, die bei einem erteilten Versagungsvermerk oder einem eingeschränkten Testat dieses als zu streng erachten und den Abschlussprüfer haftbar machen möchten für einen ihrer Ansicht nach entstandenen Schaden.

Besonders ärgerlich ist die gebotene Eile: Das Gesetz gilt bereits für das Geschäftsjahr 2024. Da der Abschlussprüfer vor Ablauf des Geschäftsjahres gewählt werden soll (§ 318 Abs. 1 Satz 3 HGB), auf das sich die Prüfung bezieht, dürften die betroffenen Institute den Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2023 bereits bestellt haben. Ob die Bafin im Einzelfall auf eine Neubestellung für das Geschäftsjahr 2023 pocht, sofern die zehn Jahre bereits erreicht sind, bleibt abzuwarten. Ob dies dem Ziel der Stärkung der Qualität der Abschlussprüfung entgegenkommt, bezweifle ich. Denn schließlich müssen die Abschlussprüfer und die betroffenen Institute die Fristen einhalten. Je kürzer die Zeit für die Abschlussprüfung, desto höher der Zeitdruck, unter dem die Prüfung erfolgt.

Fazit

Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Die Qualitätssteigerung der Abschlussprüfung wird damit sicherlich nicht erreicht werden. Denn schließlich müssen sich die Prüfer in das mandantenspezifische Know-how erst einarbeiten. Insbesondere bei komplexen digitalen Geschäftsmodellen wird hier durch den Prüferwechsel mehr Zeit benötigt werden. Höhere Prüferkosten für kleinere Wertpapierinstitute ohne eine gleichzeitige Garantie für eine Steigerung der Prüferqualität: Das war sicherlich nicht so gedacht. Aber gut. Gut gemeint ist nicht gut gemacht.

Lesen Sie hierzu im NWB Experten-Blog:

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