Innergemeinschaftliche Lieferungen: Anforderung ein klein wenig gelockert

Am 12.12.2019 ist das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften verabschiedet worden (BGBl 2019 I S. 2451). Unter anderem wurden zum 1.1.2020 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung in § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG sowie für deren Steuerfreiheit in § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG geändert.

Erfreulicherweise hat das BMF die zunächst extrem scharfen Voraussetzungen in einem Punkt ein klein wenig gelockert (BMF-Schreiben vom 9.10.2020, III C 2 – S 7112/19/10001 :001).

Es gilt:

Eine steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung liegt nur dann vor, wenn der Abnehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige USt-IdNr. verwendet. Der Begriff „Verwendung“ einer USt-IdNr. setzt ein positives Tun des Leistungsempfängers, in der Regel bereits bei Vertragsabschluss, voraus. Er muss also handeln. Aber: Die nachträgliche Verwendung einer im Zeitpunkt der Lieferung gültigen USt-IdNr. durch den Abnehmer entfaltet für Zwecke der Steuerbefreiung Rückwirkung.

Doch beachten Sie:

Gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG ist die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig, dass der Unternehmer seiner gesetzlichen Pflicht zur Abgabe einer ZM gemäß § 18a UStG nachkommt und diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung richtig und vollständig ist. Gibt der Unternehmer die ZM nicht richtig, vollständig oder fristgerecht ab, erfüllt er die Voraussetzung für die Steuerbefreiung nicht. Eine fehlerhafte ZM ist innerhalb eines Monats zu berichtigen, wenn der Unternehmer nachträglich erkennt, dass die von ihm abgegebene ZM unrichtig oder unvollständig ist. Berichtigt der Unternehmer die fehlerhafte ZM für den Meldezeitraum, in dem die betreffende Lieferung ausgeführt wurde, nicht, ist die Steuerbefreiung für die betreffende Lieferung nachträglich zu versagen. Eine Berichtigung von Fehlern in einer anderen ZM als der ursprünglichen führt zu keinem Aufleben der Steuerfreiheit für die betreffende Lieferung.

Beispiel:

Der in Deutschland ansässige Unternehmer U liefert an einen französischen Kraftwerksbetreiber A am 10.2.2020 eine Maschine im Wert von 50.000 Euro. A hat gegenüber U seine französische USt-IdNr. bei Auftragserteilung verwendet. In der ZM für Februar 2020 gibt U versehentlich durch einen fehlerhaften Abgleich im Buchhaltungssystem an, Gegenstände im Wert von 5.000 Euro an A geliefert zu haben. U entdeckt den Fehler zufällig am 10.6.2020 und meldet in der ZM Juni 2020, die er am 5.7.2020 an das BZSt übermittelt, dass er an A Waren im Wert von 45.000 Euro geliefert hat. Zwar liegen die übrigen Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vor, allerdings hat U für Februar 2020 eine falsche ZM in Bezug auf die Lieferung an A abgegeben. Da er den Fehler nicht in der ursprünglichen ZM für Februar 2020 berichtigt hat, sondern in der ZM für Juni 2020, ist die Steuerfreiheit insgesamt zu versagen. Würde U sowohl die ZM für Februar 2020, als auch Juni 2020 noch innerhalb der Monatsfrist des § 18a Abs. 10 UStG berichtigen, würde die Steuerfreiheit wiederaufleben.

Hinweise:

Die nachträgliche Verwendung einer im Zeitpunkt der Lieferung gültigen USt-IdNr. wird für die Annahme einer innergemeinschaftlichen Lieferung also zugelassen. Die Betonung liegt aber auf dem Wort „gültig“, so dass Unternehmer unbedingt gehalten sind, die USt-IdNr. ihres Vertragspartners zu prüfen. Des Weiteren sollte der korrekten und fristgerechten Abgabe der ZM besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Zwar kann eine fehlerhafte ZM berichtigt werden, allerdings nur innerhalb eines Monats nach Entdeckung des Fehlers. Zudem muss der Fehler in der ursprünglichen ZM berichtigt werden und nicht etwa in einem der darauffolgenden Monate.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind erstmals auf innergemeinschaftliche Lieferungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 bewirkt werden.

Weitere Informationen:
BMF-Schreiben vom 9.10.2020, III C 2 – S 7112/19/10001 :001

3 Gedanken zu “Innergemeinschaftliche Lieferungen: Anforderung ein klein wenig gelockert

  1. Hierzu noch eine Frage hinsichtlich der „Verwendung“ der USt IdNr in Amazon Business Fällen, auf die ich bisher noch keine Antwort gefunden habe:

    Bekanntlich gibt es ja die USt Freiheit bei innergemeinschaftlichen Lieferungen nur bei „Verwendung“ der USt IDNr durch das leistende Unternehmen. In A 3a.2. Abs. 10 des UStAnwE wird der Begriff „Verwendung“ aber gerade für Fälle des modernen Onlinehandels über Plattformen nur unzureichend erläutert. Hier hinterlegt ja der Kunde seine USt ID Nummer auf dem Servern von Amazon. Diese wird dann zur Rechnungserstellung von Amazon an den Lieferanten übermittelt. Reicht das schon aus um von einer „Verwendung“ durch den Lieferanten zu sprechen? Ist dies nicht der Fall, wären umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen über Amazon Business praktisch nicht möglich.

    • Das ist ein sehr interessanter Aspekt und spannende Frage zugleich. Vielleicht hat jemand von den Lesern des Blogs hier schon Erfahrungen gemacht und kann was beisteuern.

    • Das ist eine Frage, auf die es m.E. keine rechtlich einwandfreie Antwort gibt. In der Abwehrberatung würde ich stets vertreten, dass der Eintrag der USt-IdNr. – egal ob Standard- oder Businesskonto – eine aktive Verwendung ist mit der Erklärung, dass diese auch für zukünftige Transaktionen gilt. Dafür spricht vor allem die vertragliche Haftung des Kunden gegenüber Amazon, wenn man trotz USt-IdNr. privat einkauft (siehe auch Trinks², Vorsteuerfalle Amazon – steuerliche Einkaufsrisiken im Internet, https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/638256/).

      In der Gestaltungsberatung ist es natürlich sicherer, sich im Rahmen der ersten Transaktion vom Kunden eine Bestätigung über die Verwendung der USt-IdNr. zu holen.

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