Ist der Nutzungsersatz bei der Rückabwicklung von Darlehensverträgen zu versteuern?

Aufgrund der BGH-Rechtsprechung der letzten Jahre kommt es aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen häufiger zum Widerruf bzw. zur Rückabwicklung von Darlehensverträgen. Beim Widerruf erlischt das Darlehensverhältnis rückwirkend zum Tag des Vertragsabschlusses und wandelt sich von da an in ein sog. Rückgewährschuldverhältnis um. Das bedeutet, dass der Darlehensnehmer die Darlehenssumme zurückzahlen muss und die Bank gleichzeitig die gesamten vom Darlehensnehmer geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen herausgeben muss. Gleichzeitig sind die wechselseitig gezogenen Nutzungen herauszugeben. Dies bedeutet, dass sowohl die Darlehenssumme als auch die Zins- und Tilgungsleistungen des Darlehensnehmers jeweils von der Zahlung an zu verzinsen sind (BGH 25.4.2017, XI ZR 108/16, XI ZR 573/15). Die Frage ist, wie diese Nutzungen, die die Bank dem Darlehensnehmer zu erstatten hat, steuerlich behandelt werden.

Die Finanzverwaltung unterstellt, dass ein Nutzungsersatz, den der Darlehensnehmer aus der Rückabwicklung eines Darlehensvertrages für die von ihm an den Darlehensgeber (Bank) erbrachten Leistungen erhält, einen steuerpflichtige Kapitalertrag gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG darstellt. Folge: Die Bank muss Kapitalertragsteuer einbehalten. Dies gelte ebenfalls für Prozess- oder Verzugszinsen sowie für Zinsen auf erstattete Kontoführungsgebühren (BMF-Schreiben vom 12.4.2018, IV C 1-S 2252/08/10004:021, Tz. 8b). Aktuell stellt das Bundesfinanzministerium allerdings klar, dass keine Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG vorliegen, soweit durch ein Kreditinstitut Darlehenszinsen auf eine in die Finanzierung eingeschlossene Kreditbearbeitungsgebühr erstattet werden (BMF-Schreiben vom 17.1.2019, IV C 1 – S 2252/08/10004 :023).

Meines Erachtens ist aber die Frage, ob der Nutzungsersatz überhaupt als Kapitalertrag steuerpflichtig ist, noch gar nicht hinreichend beantwortet worden, so dass auch die aktuelle Verfügung kritikwürdig ist. Nach meiner Auffassung fließen dem Darlehensnehmer bei der Rückabwicklung keine Kapitalerträge zu, da lediglich die wechselseitigen Nutzungsherausgabeansprüche berücksichtigt werden.

In diese Richtung könnte auch das – zivilrechtliche – Urteil des OLG Hamm interpretiert werden, in dem es um die Frage der Kapitalertragsteuerpflicht von Schadensersatzzahlungen geht. Danach gilt: Ein Abzug von Kapitalertragsteuer durch das Kreditinstitut von einer Vergleichszahlung wegen angeblich fehlerhafter Anlageberatung bei der Zeichnung eines Schiffsfonds ist nicht gerechtfertigt (Urteil vom 23.10.2018, Az. 34 U 10/18). Zugegeben: Es ging ums Zivilrecht und um Schadenersatz. Wenn man jedoch die Urteilsgründe liest, scheint die Zivilgerichtsbarkeit – wie so oft – ein anderes Verständnis von der steuerlichen Einordnung wirtschaftlicher Vorgänge zu haben als die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte.

Vielleicht bringt das BFH-Verfahren unter dem Aktenzeichen VIII R 16/16 irgendwann einmal mehr Licht ins Dunkel. Betroffene sollten jedenfalls ein Ruhen ihres Verfahrens beantragen, bis der BFH hier entschieden hat. Die Vorinstanz hatte wie folgt entschieden: „Zahlungen, die der Steuerpflichtige aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs von der Bank Zug um Zug gegen Übertragung von Lehman-Zertifikaten erhält, stellen Entgelt für einen nicht steuerbaren Veräußerungsvorgang dar und sind keine Entschädigung i.S. des § 20 Abs.3 EStG.“ (FG Münster  13.05.2016, 7 K 3799/14).

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