Ist eine unterlassene Einlage über den formellen Bilanzenzusammenhang erfolgswirksam nachholbar?

Im Rahmen der Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs sind fehlerhafte Bilanzansätze aus der Vergangenheit in späteren Veranlagungszeiträumen zu berichtigen. Ist es hiernach aber auch möglich, im Vorjahr nicht geltend gemachte (Sonder-)Betriebsausgaben erfolgswirksam nachzuholen? Nein, so das Urteil des BFH vom 17.6.2019 (IV R 19/16).Der Streitfall

Die Klägerin ist eine im Jahr 2005 von den Eheleuten M und F (Beigeladene) als Kommanditisten je zur Hälfte gegründete KG. Sie betreibt eine Solaranlage und ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Die Eheleute hielten ebenfalls je 50 % Anteile an der Komplementär-GmbH, deren Geschäftsführer ursprünglich der Ehemann (M) war.

Als die Ehefrau (F) erfuhr, dass die KG ihrem Ehemann (M) ohne Gesellschafterbeschluss ein Darlehen über 50.000 Euro gewährt, von ihm ein privat genutztes Fahrzeug least und ihr die Einsichtnahme in die Buchhaltung verweigerte, beauftragte sie eine Rechtsanwaltssozietät mit der Wahrnehmung ihrer Rechte.

Die Ehe wurde im November 2008 geschieden. Die Beigeladene (F) erwarb im Februar 2009 den Kommanditanteil des M an der Klägerin sowie dessen Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH und wurde zu deren Geschäftsführerin bestellt.

Die Rechtsanwaltssozietät stellte der Beigeladenen im Jahr 2008 Rechnungen für Leistungen des laufenden Jahres. Die abgerechneten Leistungen standen im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Gesellschafterrechten bei der Klägerin wie auch der Komplementär-GmbH. Die Beigeladene beglich diese noch im Jahr 2008 aus ihren privaten Mitteln.

Das Finanzamt stellte die Einkünfte der Klägerin für 2008 erklärungsgemäß gesondert und einheitlich fest (Gewinnfeststellung). Die verfahrensgegenständlichen Rechtsberatungskosten waren für das Jahr 2008 nicht erklärt und auch nicht bei der Gewinnfeststellung berücksichtigt worden. Für die Beigeladene waren keine Sonderbetriebsausgaben festgestellt worden.

Auch für das Streitjahr 2009 stellte das Finanzamt den Gewinn und den vortragsfähigen Verlust erklärungsgemäß fest. Im Rahmen eines hiergegen gerichteten Einspruchs machte die Klägerin nunmehr weitere Rechtsberatungskosten als Sonderbetriebsausgaben für die Beigeladene geltend, u.a. die streitigen Rechtsanwaltskosten aus dem Jahr 2008.

Der Einspruch wurde zurückgewiesen. Das Finanzgericht wies die Klage hinsichtlich der Berücksichtigung der Rechtsanwaltskosten aus dem Jahr 2008 ab.

Das Urteil des BFH

Auch der BFH wies die Klage ab. Die streitigen Aufwendungen der Beigeladenen (F) für die Rechtsberatung des Jahres 2008 sind nicht im Streitjahr 2009 gewinnmindernd zu berücksichtigen. Ein Abzug kommt auch nicht nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs in Betracht.

Nach diesen Grundsätzen kommt die Berücksichtigung der streitbefangenen Anwaltskosten im Streitjahr nicht in Betracht. Die bilanzielle Behandlung der streitigen Anwaltskosten durch die Klägerin im Jahr 2008 war hier zwar fehlerhaft. Dies hat sich jedoch zum Ende des Wirtschaftsjahres 2008 nicht in einem fehlerhaften Bilanzposten niedergeschlagen.

Die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs können keine Grundlage dafür sein, einen im Vorjahr zu Unrecht unterbliebenen Ausweis einer Einlage nachzuholen, so der BFH. Denn in diesem Fall käme es nicht wegen der Zweischneidigkeit der Bilanz zur Nachholung eines Bilanzansatzes, sondern zur Nachholung des richtigen Unterschiedsbetrags als Saldoposten der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und Teil des auszuweisenden Eigenkapitals. Eine so weitgehende Außerachtlassung der richtigen zeitlichen Zuordnung des ermittelten Gewinns ist (zulasten wie auch zugunsten des Steuerpflichtigen) nicht mit dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs zu begründen (vgl. BFH-Urteil vom 30.1.2013 – I R 54/11, BFHE 240, 246, BStBl II 2013, 1048).

Fazit

Wurden Sonderbetriebsausgaben, die aus privaten Mitteln gezahlt worden sind, nicht im Jahr der Entstehung des Aufwands berücksichtigt, so kommt eine erfolgswirksame Nachholung in einem Folgejahr nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs nicht in Betracht.

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