Jahressteuergesetz 2020 definiert Zusätzlichkeitserfordernis (Teil II)

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 hat der Gesetzgeber das sog. Zusätzlichkeitserfordernis im EStG kodifiziert und damit gesetzlich verankert, wann Leistungen des Arbeitgebers oder eines Dritten „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht werden. Mit seiner Definition nimmt der Gesetzgeber der neueren Rechtsprechung des BFH aus dem Jahr 2019 (VI R 21/17 und VI R 40/17), in welcher dieser seine Rechtsauffassung geändert hatte, den Wind aus den Segeln.

Während in Teil I des Blog-Beitrags ausführlich auf die neuen Tatbestandsmerkmale eingegangen wurde, sollen nachfolgend die Konsequenzen für die Praxis dargestellt werden.

Rückwirkung für 2020

Mit dem neuen § 8 Abs. 4 EStG wird die vom BMF bereits mit Schreiben vom 05.02.2020 (IV C 5 –S 2334/19/10017 :002) vertretene Auffassung, wann eine Leistung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht wird, in Gesetzestext gemeißelt. Da die Auffassung somit nicht neu ist, ergibt sich für den Rechtsanwender keine Änderung an den bereits bekannten Tatbestandsmerkmalen.

Kritisch zu sehen ist aber die Rückwirkung für das Jahr 2020. Sie führt dazu, dass Arbeitgeber bereits abgerechnete Vorgänge rückwirkend überprüfen und ggf. nachversteuern müssten. Zwar wurde die Rechtsprechung des BFH vom BMF bereits mit Schreiben vom 05.02.2020 für nicht anwendbar erklärt. Mangels rechtlicher Bindungswirkung der BMF-Schreiben bestehen allerdings (stets) Bedenken gegen ein rückwirkendes Inkrafttreten von gesetzlichen Regelungen. Bedauerlich ist daher, dass der Gesetzgeber den verschiedenen Hinweisen und Forderungen, (u.a. der Bundessteuerberaterkammer und des Deutschen Industrie- und Handelskammer Tags), die Vorschrift aus Vertrauensschutzgründen erst ab dem 01.01.2021 zur Anwendung zu bringen, nicht gefolgt ist.

Ausschluss von Lenkungswirkung

Kritisch zu sehen ist ferner, dass das gesetzlich nunmehr definierte Zusätzlichkeitskriterium, durch welches Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen werden, die politisch gewünschte Lenkungswirkung der Steuerbefreiung für bestimmte Arbeitgeberleistungen einschränkt. Denn, wie u.a. der DIHK in seiner Stellungnahme zum Jahressteuergesetz feststellt, hat der Gesetzgeber „die Steuerbegünstigungen für Arbeitgeberzuwendungen in § 3 EStG geschaffen, damit diese im Sinne einer Lenkungswirkung genutzt werden. Dies gilt insbesondere für Arbeitgeberleistungen zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (§ 3 Nr. 15 EStG), für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads zur privaten Nutzung (§ 3 Nr. 37 EStG) und für das elektrische Aufladen eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuges im Betrieb des Arbeitgebers und die private Nutzung einer betrieblichen Ladevorrichtung (§ 3 Nr. 46 EStG).“ Dass zumindest für diese Regelungen das Zusätzlichkeitserfordernis nicht gestrichen wurde, ist zu bedauern.

 

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