Kann man ein Schiff leasen? – Es kommt darauf an wie!

Bereits in früheren Blogs hatte ich einen Überblick zum neuen Leasingstandard IFRS 16 und seinen Auswirkungen sowie einigen Anwendungsvoraussetzungen gegeben. Einem Blog (Wann ist ein Lease ein Lease) hatte ich dabei der Frage gewidmet, unter welchen Voraussetzungen ein Leasingverhältnis vorliegt und damit die Regelungen des IFRS 16 anzuwenden sind.

Danach erfolgt beim Leasingnehmer grundsätzlich die Abbildung eines Nutzungsrechts und einer Leasingverbindlichkeit. Jüngst hatte das Interpretationskomitee des IASB für einen besonderen Fall zu entscheiden, ob ein Leasingverhältnis vorliegt. Im Übrigen sollte man als reiner HGB-Bilanzierer nicht leichtfertig abwinken, weil es einen doch nichts angeht, wie nach IFRS 16 zu bilanzieren ist. Es wird möglicherweise nur eine Frage der Zeit sein, bis das sogenannte right of use-Konzept auch handelsbilanziell Anwendung findet. Bereits in der StuB 2011, S. 523 ff., hatten wir die Übertragbarkeit des Konzepts schon mit positivem Ergebnis geprüft.

Nach IFRS 16 (IFRS 16.B31) liegt ein Leasingverhältnis vor, wenn:

  1. als Leasingobjekt ein eindeutig bestimmbarer Vermögenswert vorliegt,
  2. der Leasingnehmer über den vereinbarten Nutzungszeitraum im Wesentlichen die wirtschaftlichen Vorteile aus der Nutzung des Leasingobjekts hat und
  3. der Leasingnehmer während des vereinbarten Nutzungszeitraums über den Einsatz des Leasingobjekts bestimmen kann oder
  4. weder Leasingnehmer noch Leasinggeber über den Einsatz des Leasingobjekts über den vereinbarten Nutzungszeitraum bestimmen können, aber:
    • der Verwendungszweck des Leasingobjekts vorbestimmt ist und der Leasinggeber, insbesondere weil der Leasingnehmer das Leasingobjekt betreibt, keine Änderung herbeiführen kann oder
    • der Verwendungszweck des Leasingobjekts aufgrund eines speziellen Designs durch den Leasingnehmer festgelegt ist.

Das Interpretationskomitee (IC) hatte nun folgenden Fall zu entscheiden: Als eindeutig bestimmbarer Vermögenswert liegt ein Schiff vor und der Kunde zieht über den vereinbarten Nutzungszeitraum im Wesentlichen die wirtschaftlichen Vorteile aus der Nutzung des Schiffs. Damit sind die ersten beiden der oben genannten Kriterien erfüllt.

Bezüglich der Bestimmung über den Einsatz des Leasingobjektes war im Vertrag zwischen Anbieter und Kunden das meiste über den Vertragszeitraum von 5 Jahren festgelegt. Über alle nicht geregelten Fragen, wie und wofür das Schiff während des Vertragszeitraums genutzt wird, trifft der Kunde die Entscheidung. Der Anbieter betreibt das Schiff über den Vertragszeitraum und übernimmt die Instandhaltung.

Man könnte jetzt auf den Gedanken kommen den oben genannten Punkt 4 heranzuziehen, weil die Nutzung des Schiffes weitgehend vertraglich festgelegt ist. Dem folgt das IC jedoch nicht. Das IC trifft die Entscheidung nach dem allgemeinen Kriterium 3. Es kommt darauf an, ob der Leasingnehmer während des vereinbarten Nutzungszeitraums über den Einsatz des Leasingobjekts bestimmen kann (IFRS 16.B24(a), .B25 ff.) Damit dieses Kriterium für den Kunden erfüllt ist, muss er das Recht haben die Nutzung des Objekts zu ändern. Rechte, die auf den Betrieb und die Instandhaltung bezogen sind, verschaffen kein Recht zur Nutzungsänderung. Hingegen kann der Kunde im Rahmen der Festlegung der Nutzung des Schiffs im Vertrag darüber entscheiden, wie und wofür das Schiff eingesetzt wird.

Im Ergebnis stellt das IC fest, dass der Vertrag zwischen Anbieter und Kunde ein Leasingverhältnis über das Schiff enthält. Weil sich das klar aus den Regeln des IFRS 16 ableiten lässt, hat das IC die vorgelegte Frage nicht in sein Arbeitsprogramm aufgenommen und belässt es bei der sogenannten begründeten Non-Agenda-Entscheidung.

Weitere Informationen:

Defintion of a Lease – Decision-making Rights, IFRIC Update January 2020 (auf ifrs.org)

Lesen Sie hierzu auch meine weiteren Beiträge hier im NWB Experten-Blog und in der StuB:

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