Revolution der Leasingbilanzierung durch IFRS 16 und die Folgen

Wegen der aktuellen Diskussion um die Diskontierung von Pensionsrückstellungen im handelsrechtlichen Jahresabschluss konnte ich zwar nicht tagesfrisch, kann aber jetzt dennoch zeitnah über den Durchbruch einer neuen Bilanzierungsphilosophie für Leasingverhältnisse berichten. Während traditionell ein wesentliches Problem der Leasingbilanzierung in der Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums am Leasingobjekt zum Leasinggeber oder Leasingnehmer besteht, hat sich der IASB mit dem neuen IFRS 16 von diesem „alles-oder-nichts-Konzept“ gelöst.

Bisher wird nach IAS 17 aufgrund eines auf Kriterien gestützten Konzeptes entschieden, ob ein Leasingobjekt dem Leasinggeber oder dem Leasingnehmer wirtschaftlich zuzurechnen ist. In der Praxis besonders bedeutsam sind dabei das „Barwertkriterium“ und das „Mindestlaufzeitkriterium“. Auch wenn IAS 17 eine Gesamtbeurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse vorgibt, gelingt es der Praxis meist dennoch, die Verträge haarscharf an den Kriterien vorbei zu gestalten, sofern der Leasingnehmer das Objekt nicht in seiner Bilanz haben möchte. Daraus ist der geflügelte Spruch eines früheren IASB-Vorsitzenden entstanden, er wolle einmal in einem Flugzeug sitzen, das in der Bilanz der Fluggesellschaft auftauche.

Nach einem Diskussionspapier vom Anfang des Jahrzehnts hat es einiger Jahre und vieler Auseinandersetzungen bedurft jetzt zum neuen „right-of-use-Konzept“ zu kommen. Danach hat der Leasingnehmer nicht mehr zu entscheiden, ob er wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne der Kriterien ist. Der Leasingnehmer hat in der Regel ein Nutzungsrecht („right-of-use“) am Leasingobjekt im Umfang seiner vertraglichen Ansprüche zu bilanzieren. Bilanzierungsobjekt ist nicht das Leasingobjekt, sondern das Recht zur Nutzung des Leasingobjekts. Häufig mit dem gleichen Betrag passiviert der Leasingnehmer eine Leasingverbindlichkeit.

Die Bilanzierungsmechanik entspricht also grundsätzlich der eines finance lease. In der Folgezeit wird das Nutzungsrecht über die Vertragslaufzeit abgeschrieben. Die gezahlten Leasingraten werden in einen Zins- und einen Tilgungsanteil aufgeteilt. Die Folgebewertung von Nutzungsrecht und Leasingverbindlichkeit sind damit entkoppelt. Der Aufwandsverlauf aus Abschreibung und Tilgung beim Leasingnehmer wird regelmäßig degressiv sein, man spricht hier auch von einem front loading.

Eine Ausnahme besteht für den Leasingnehmer nur bei bestimmten kurz laufenden Leasingverträgen und bei Leasingobjekten von geringem Wert, wie etwa Büro-PC, die ähnlich wie bei bisherigem operating lease bilanziert werden können.

Für die Analyse von Abschlüssen ist die Kenntnis der Neuregelungen von Bedeutung, weil sich durch sie deutliche Änderungen in der Ausprägung abschlussanalytischer Kennzahlen ergeben können. Werden vermehrt Nutzungsrechte beim Leasingnehmer bilanziert, erhöht sich das Fremdkapital und die Eigenkapitalquote geht zurück. Im Vergleich zu einem bisherigen operating lease, bei dem der Leasingnehmer die Leasingraten regelmäßig linear über die Vertragslaufzeit aufwandswirksam erfasst, findet sich, wie schon beschrieben, künftig verstärkt ein degressiver Aufwandsverlauf. Weiterhin wird das EBIT höher ausfallen als beim bisherigen operating lease, weil zwar die Abschreibungen auf das Nutzungsrecht das EBIT mindert, aber der Zinsaufwand dort nicht eingeht. Im EBITDA werden auch die Abschreibungen nicht ergebnismindernd berücksichtigt. Beim bisherigen operating lease minderte die gesamte Leasingrate EBIT und EBITDA. Wer darüber lamentiert, sollte allerdings auch einmal die Sinnhaftigkeit solcher Kennzahlen überdenken. Gerade für das EBITDA stellt sich die Frage, welche Aussagekraft eine Ergebniskennzahl hat, die den Werteverzehr des operativen Vermögens nicht berücksichtigt. Ein wenig habe ich schon immer das Gefühl, wer keinen Gewinn macht, rechnet so viele Aufwendungen heraus, bis es nach einem Gewinn aussieht.

Auswirkungen ergeben sich ebenfalls auf die Kapitalflussrechnung. Während Leasingzahlungen aus operating leases dem operativen Cashflow zuzurechnen sind, müssen die Leasingzahlungen künftig anders behandelt werden. Der Tilgungsanteil ist dem Finanzierungs-Cashflow zuzuordnen. Der Zinsanteil kann je nach generell gewählter Vorgehensweise für Zinsauszahlungen dem operativen oder dem Finanzierungs-Cashflow zugeordnet werden.

Für die Abbildung von Leasingverhältnissen beim Leasinggeber wurde entgegen den früheren Vorschlägen einer grundsätzlich spiegelbildlichen Behandlung zum Leasingnehmer an einer der bisherigen Zuordnungslogik folgenden Bilanzierung festgehalten.

Im Übrigen gibt es neue Regelungen zu einigen besonderen Sachverhalten zu beachten, etwa für variable Leasingraten, sale-lease-back, lease-in-lease-out. Vor allem muss im Einzelfall anhand des Standards geprüft werden, ob ein Vertrag oder ein Teil davon überhaupt als Leasingverhältnis im Sinne von IFRS 16 zu qualifizieren ist. Gerade Leasingnehmern ist die frühzeitige Beschäftigung mit den eigenen Leasingverträgen dringend anzuraten, um die Umstellung bewältigen zu können.

Hat die neue Regelung eventuell Auswirkungen auf die handelsrechtliche Bilanzierung von Leasingverhältnissen? Das ist nach der h.M. nicht zu erwarten. Zwar hatten wir die Übertragbarkeit des neuen Konzeptes auf die handelsrechtliche Bilanzierung geprüft. Jedoch ist nicht zu erwarten, dass es in näherer Zukunft zu einer Abkehr der Praxis von der Anlehnung an die sachlich wenig überzeugenden steuerlichen Leasingerlasse kommen wird.

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