Klimaschutzänderungsgesetz: Bundesverfassungsgericht lehnt Eilantrag wegen Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens ab

Am 25.4.2024 hat das BVerfG (2 BvE 3/24) den Eilantrag eines Bundestagsabgeordneten, das geänderte Klimaschutzgesetz nicht am 26.4.2024 im Bundestag behandeln zu lassen, abgelehnt:

Ein Update mit Einordnung.

Hintergrund

Ich habe schon im Blog berichtet: Am 22.9.2023 beriet der Deutsche Bundestag in erster Lesung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Klimaschutzänderungsgesetz. Am 8.11.2023 fand im Ausschuss für Klimaschutz und Energie eine Sachverständigen-Anhörung zu diesem Gesetzentwurf statt. Am Freitag, den 19.4.2024, wurde den Mitgliedern des Ausschusses ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum genannten Gesetzentwurf vorgelegt. Am Mittwoch, den 24.4.2024, stimmte die Mehrheit der Ausschussmitglieder der geänderten Fassung des Gesetzentwurfs nach Beratung im Ausschuss zu. Am Freitag, den 26.4.2024, sind die zweite und dritte Lesung sowie die Abstimmung über den Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag vorgesehen.

Der Antragsteller, ein Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, sieht sich durch den Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens seit dem 19.4.2024 in seinen Rechten als Abgeordneter des Deutschen Bundestags verletzt. Die Prüfungs- und Überlegungszeit sei zu kurz, weil im federführenden Ausschuss umfangreiche Änderungen empfohlen worden sein, mit denen der Antragsteller sich als Abgeordneter nicht habe auseinandersetzen können, dies verletze seine Abgeordnetenrechte (Art.38 Abs. 1 S.2 GG).

BVerfG-Eilentscheidung vom 25.4.2024

Am 25.4.2024 hat das BVerfG (2 BvE 3/24) den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 32 Abs.1 BVerfGG) mit dem Ziel, die Aufsetzung des Tagesordnungspunktes „Änderung des Klimaschutzgesetzes“ zu verhindern, abgelehnt. Die Begründung in der Pressemitteilung des BVerfG ist denkbar knapp: „Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt, weil der Antrag in der Hauptsache derzeit von vornherein unzulässig ist.“

Die Konsequenz dieser Eilentscheidung ist, dass die Beratung und Beschlussfassung über die Änderung des Klimaschutzgesetzes, über deren Inhalt ich schon berichtet habe (link auf Blog), am 26.4.2024 erfolgen kann. Da die Regierungskoalition im Bundestag die Abstimmungsmehrheit hat, wird das Gesetz vermutlich mit den vom Ausschuss vorgeschlagenen Änderungen beschlossen.

Einordnung und Bewertung

Das Bundesverfassungsgericht kann nach § 32 Abs.1 BVerfGG im Streitfall „einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.“ Durch eine einstweilige Anordnung darf hierbei das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens nicht vorweggenommen werden. Hauptsacheverfahren ist ein Organstreitverfahren eines Abgeordneten gegen den Bundestag, mit er eine Verletzung seiner organschaftlichen Rechte geltend macht (Art.93 Abs.1 Nr.1 GG, §§ 13 Nr.5, 63 ff. BVerfGG). Eine einstweilige Anordnung kommt dabei nur in engen Grenzen in Betracht. Denn im Organstreitverfahren ist zu berücksichtigen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung einen Eingriff des Bundesverfassungsgerichts in die Autonomie eines anderen Verfassungsorgans bedeutet

Die Begründung des BVerfG für die Antragsablehnung steht noch aus. Bedauerlich ist, das sich das Gericht in der „amtlichen“ Pressemitteilung darauf beschränkt, dass „die Hauptsache derzeit von vornherein unzulässig ist“. Aus welchen Gründen „derzeit“ (wann dann?) der Hauptsacherechtsbehelf „unzulässig“ sei, bleibt im Dunkeln, nachdem der vorliegende Streit Parallelen zum Streit um das Heizungsgesetz aufweist (siehe BVerfG v. 5.7.2023 – 2 BvE 4/23, Rz. 83 ff).

Auch wenn der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in diesem Verfahren ohne Erfolg geblieben ist, folgt hieraus noch lange nicht, dass das BVerfG den Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens beim Klimaschutzänderungsgesetz gutheißt. Ob hieran trotz Einhaltung formeller Fristen nach der GeschO des Bundestages Bedenken bestehen, weil die Abgeordneten nicht genügend Zeit hatten, zwischen Beschlussfassung im Ausschuss (24.4.2024) und finaler Beratung im Bundestag (26.6.2024) mit dem Beschlussgegenstand ausreichend zu befassen, muss ggf. im Nachhinein im Hauptsacheverfahren geklärt werden.

Im Juli 2023 hat das BVerfG (2 BvE 4/23) beim sog. Heizungsgesetz (GEG) „dem Interesse an der Vermeidung einer irreversiblen Verletzung der Beteiligungsrechte des Antragstellers aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG gegenüber dem Eingriff in die Verfahrensautonomie des Deutschen Bundestages“ den Vorrang eingeräumt.

Wie weit der Gestaltungsspielraum beim Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens reicht, und wann „eilt“ legitime Abgeordnetenrechte (Art. 38 Abs.1 S. 2 GG) verletzt, hat das BVerfG im Verfahren zum Heizungsgesetz (BVerfG 2 BvE 4/23) zwar schon umrissen, aber noch nicht umfassend entschieden.

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