Reform der Abschlussprüfung – Joint Audit als Lösungsmöglichkeit?

Die Branche der Abschlussprüfung steht vor großen Veränderungen. Durch den Bilanzskandal des ehemaligen DAX-Konzerns Wirecard stehen die Wirtschaftsprüfer in der Kritik. Im Rahmen des Entwurfes des Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) vom 16. Dezember 2020 zählt die Wirtschaftsprüfung zu einem von mehreren Bereichen, in denen massive Änderungen anstehen.

Diskussionen? Fehlanzeige

Bisher wurde vor allem ein Thema noch sehr wenig diskutiert: Joint Audit. In Frankreich existiert das Joint Audit bereits seit den 60er-Jahren. Ergebnisse über den Erfolg sind mir nicht bekannt. Doch aufgrund der jahrzehntelangen Anwendung dieser Regelung gehe ich von einer nennenswerten Leistung aus.

Beim Joint Audit übernehmen zwei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gemeinsam die Prüfung eines Unternehmens. Durch dieses Vier-Augen-Prinzip soll die Prüfungsqualität verbessert werden. Dies sollte das Ziel der derzeitigen Reformen sein: Die Verbesserung der Prüfungsqualität. Ob Joint Audit eine mögliche Lösung ist?

Darüber wünsche ich mir mehr Diskussionen. Von Wirtschaftsprüfern und Nicht-Wirtschaftsprüfern. Wirtschaftsprüfer haben Vor- oder Nachteile durch Gesetzesänderung. Doch im Gegensatz zu Nicht-Prüfern haben sie einen Einblick in die Praxis der Branche aus Prüfersicht. Nicht-Prüfer können in die Diskussionen andere Aspekte einbringen: Da sie von den Änderungen in der Wirtschaftsprüfung nicht profitieren, sind sie unabhängiger beim Vorschlag von Lösungsmöglichkeiten. Ich zähle zur zweiten Gruppe und habe in den letzten Monaten mit vielen Wirtschaftsprüfern gesprochen.

Vorteile eines Joint Audit

Durch das Vier-Augen-Prinzip reduziert sich das Risiko während der Abschlussprüfung. Wie heißt es doch so schön: Vier Augen sehen mehr als zwei. Durch die Zusammenarbeit mit einer anderen Prüfungsgesellschaft entsteht auch ein positiver Druck, gute Arbeit abzuliefern – möglicherweise. Dies kann natürlich auch eine Gefahr darstellen, wenn dieser Druck negative Tendenzen hat.

Als mögliche Idee könnte beim Joint Audit folgendes festgelegt werden: Wenn von den beiden Prüfungsgesellschaften eine Big4 und eine Nicht-Big4 zusammen prüfen müssten, denn der Markt der Abschlussprüfer ist sehr konzentriert. Ich kenne die Existenz der Big5 nur noch aus Erzählungen. Mittlerweile wird der größte Anteil des Umsatzes in der Abschlussprüfung von den Big4 erwirtschaftet. Ich kann mich noch an den Satz aus einer Vorlesung erinnern: „To big too fail.“

Eine Zusammenarbeit zwischen Big4 und Nicht-Big4-Gesellschaften könnte auch die Tätigkeit in einer Nicht-Big4-Gesellchaft für jüngere Wirtschaftsprüfer durch spannende Mandate attraktiver machen, denn die Branche hat Nachwuchssorgen. Dieses Thema hatte ich bereits vor kurzem diskutiert.

Nachteile eines Joint Audit

Die Beauftragung von zwei Prüfern führt für Unternehmen vermutlich zu höheren Kosten. Auf Basis der Erfahrungen aus Frankreich muss mit einem Anstieg von bis zu zehn Prozent gerechnet werden. Doch auch die Frage der Vergütung der Abschlussprüfung ist ein kontroverses Thema: International sind die Honorare in Deutschland vergleichsweise niedrig. Durch die Einführung der externen Rotationspflicht wurde dies noch verschärft – nach der Ausschreibung des Prüfungsmandates waren die Honorare häufig niedriger als davor. Dies trägt sicherlich nicht zu einer Verbesserung der Prüfungsqualität bei, denn hier haben wir einen Preiskampf, dem die Prüfer ausgesetzt sind.

Der zeitliche Aufwand für die Abstimmungen mit zwei Prüfern ist ein weiterer Aspekt, der als Nachteil häufig genannt wird. Dieser Mehraufwand trifft nicht nur die Prüfer, sondern auch die Unternehmen. Denn sie müssen sich nun mit zwei Prüfern abstimmen.

Und nun?

Die genannten Vor- und Nachteile sind nur einige wenige Aspekte zum Thema Joint Audit. Interessant wäre es, mehr über die Erfahrungen aus Frankreich zu erfahren. Was sind die Erfahrung der dortigen Prüfer? Wie ist der französischer Prüfermarkt? Und aus Sicht von Wirtschaftsprüfern in Deutschland eine Stellungnahme zum Joint Audit. Ich freue mich über Kommentare und Rückmeldungen.

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