Relevanz des steuerlichen Korrekturbedarfs und einer Selbstanzeige im Spiegel von Kryptowährungsaktivitäten

In den vergangenen Jahren haben viele Akteure im Bereich der Kryptowährungen nicht nur erste Erfahrungen gemacht, sondern oftmals auch erhebliche Gewinne erzielt. Während zu Beginn des Hypes um Bitcoin und Co. die Frage der steuerlichen Relevanz zumeist (wenn überhaupt) erst (sehr) spät gestellt wurde, dürfte in der jüngsten Vergangenheit klar geworden sein, dass die Welt der Kryptowährungen kein steuerfreies Paradies ist. Vielmehr möchte auch der Fiskus an den Gewinnen partizipieren.

Mit dem im Jahr 2021 veröffentlichten Entwurf eines BMF-Schreibens zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token wurde dies offenkundig bzw. mit dem finalen Schreiben vom 10. Mai 2022 deutlich. Während in der Praxis Steuerdeklarationsleistungen im Zusammenhang mit Kryptowährungsaktivitäten längst keine Seltenheit mehr darstellen, kommt nun vermehrt neue und zum Teil auch sehr unangenehme Bewegung ins Spiel, und zwar:

Wie ist mit solchen Fällen umzugehen, in welchen der Steuerpflichtige keine oder eine nur unzureichende Deklaration und Offenlegung seiner steuerpflichtigen Einkünfte im Zusammenhang mit Kryptowährungen vorgenommen hat?

Diese Fragestellung tritt insbesondere deshalb immer öfters auf, da die Behörden vermehrt Fälle entdecken, in denen keine oder eine nur unzureichende Deklaration von Einkünften erfolgte. Sei es durch Auskunftsersuchen wie bei Plattformbetreibern/Börsen oder durch das Aufdecken von („unbewussten“) Verbuchungen/Überweisungen über betrieblichen Konten (seitens der Steuerpflichtigen). Infolgedessen werden immer mehr steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Für die Kryptowährungsakteure steigt somit einerseits die Gefahr der Entdeckung bislang nicht deklarierter Einkünfte. Andererseits zeigt die Praxis auch, dass der zunehmende steuerpolitische Druck pro „mehr Transparenz“ den Zeitraum wie für eine steuerliche Korrektur bzw. für eine mögliche (strafbefreiende) Selbstanzeige für die Akteure zunehmend verkürzt.

Vor diesem Hintergrund wird der Grad zwischen einer steuerlichen Korrektur und der Notwendigkeit einer Selbstanzeige immer schmäler, kürzer und brisanter – pauschale Antworten verbieten sich naturgemäß. Vielmehr bedarf es einer Einzelfallprüfung, wobei oftmals nicht die Frage ist, ob gehandelt werden muss, sondern in welcher Art und Weise!

Die initiale Überlegung liegt in diesem Kontext bei dem Steuerpflichtigen, der sich u.a. folgende Fragen stellen sollte:

  • Habe ich z.B. Kryptowährungen gehandelt und dabei ein Gewinn von über EUR 600 erzielt (innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr)?
  • Wenn ja, habe ich die in dem BMF-Schreiben vom 10. Mai 2022 dargelegten Ansichten des BMF wie zu den Bewertungs- und Verbrauchsfolgeverfahren angewandt?
  • Wurden die erzielten und ggf. steuerpflichtigen Einkünfte deklariert und habe ich eine Offenlegung vorgenommen, die es dem Finanzamt erlaubt, z.B. bei abweichender Verfahrensweise/Ansicht, die entsprechende Höhe der Einkünfte/Bemessungsgrundlage zu ermitteln?
  • Habe ich neben dem „klassischen“ Handel weitere Aktivitäten wie Staking, Mining etc. vorgenommen und diese Einkünfte deklariert und nachvollziehbar offengelegt?

Sofern bislang – wider Erwarten – keine Deklaration und Offenlegung erfolgt sein sollte, wäre m.E. im ersten Schritt zu prüfen, ob jede Transaktion hinreichend aufbereitet werden kann (ggf. sind im Rahmen einer noch möglichen Korrektur Schätzungen erforderlich, insb. dann, wenn eine Aufbereitung aus datentechnischen Gründen nicht mehr lückenlos möglich sein sollte).

Sollte die Aufbereitung gelingen, ist im Detail zu eruieren, ob eine steuerliche Korrektur oder eine Selbstanzeige möglich bzw. erforderlich ist – sowohl eine Korrektur als auch eine Selbstanzeige sind keinesfalls trivial und bieten viele Fallstricke, die es zu vermeiden gilt!

An dieser Stelle sei nochmals betont, dass „Abwarten“ keine empfehlenswerte Handlungsalternative darstellt, da u.a. die erweiterte strafrechtliche Verfolgungsverjährungsfrist mittlerweile für besonders schwere Fälle der Steuerverkürzung/-hinterziehung 15 Jahre beträgt und der Fiskus und die Behörden vermehrt in der Welt der Kryptowährungen (steuer)strafrechtliche Nachverfolgungen vornehmen (s.o.).


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