Restrukturierungsplan nach dem StaRUG und Sanierungskonzept

Im September 2020 hat das BMJV den Referentenentwurf (RefE) eines Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetzes vorgelegt (SanInsFoG). Neben weiteren Gesetzesänderungen soll mit dem SanInsFoG die Insolvenzordnung angepasst und zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1023 v. 20. Juni 2019 ein neues Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) eingeführt werden. Ganz wesentlich soll das SanInsFoG auch auf verbesserte Möglichkeiten einer Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens zielen im Rahmen eines mehrheitlich von den Gläubigern anzunehmenden Restrukturierungsplans.

In welchem Verhältnis stehen sich die Inhalte des Restrukturierungsplans nach dem RefE-StaRUG und des Sanierungskonzeptes nach dem berufsständischen Standard IDW S6 gegenüber?

Der Gesetzgeber formuliert zwingende Inhalte eines Restrukturierungsplans, der einen darstellenden und einen gestaltenden Teil enthält, insb.

  • eine Aufstellung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Vorlage des Restrukturierungsplans, einschließlich einer Bewertung der Vermögenswerte, eine Beschreibung der wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin und der Position der Arbeitnehmer sowie eine Beschreibung der Ursachen und des Umfangs der Schwierigkeiten des Schuldners;
  • die Auswirkungen des Restrukturierungsvorhabens auf die Beschäftigungsverhältnisse sowie Entlassungen und Kurzarbeiterregelungen und die Modalitäten der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertretung;
  • sofern der Restrukturierungsplan eine neue Finanzierung vorsieht, die Gründe für die Erforderlichkeit dieser Finanzierung (Anhang zum RefE-StaRUG).

Der Restrukturierungsplan ist eine begründete Erklärung zu den Aussichten darauf beizufügen, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch den Plan beseitigt wird und dass die Bestandsfähigkeit des Schuldners sichergestellt oder wiederhergestellt wird. Weiterhin ist dem Restrukturierungsplan eine Vermögensübersicht beizufügen, in der die Vermögensgegenstände und die Verbindlichkeiten, die sich bei Wirksamwerden des Plans gegenüberstünden, mit ihren Werten aufgeführt sind. Zudem ist aufzuführen, welche Aufwendungen und Erträge für den Zeitraum, während dessen die Gläubiger befriedigt werden sollen, zu erwarten sind und durch welche Abfolge von Einnahmen und Ausgaben die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens während dieses Zeitraums gewährleistet werden soll. Dabei sind neben den Restrukturierungsforderungen auch die vom Plan unberührt bleibenden Forderungen sowie die künftig nach dem Plan zu begründenden Forderungen zu berücksichtigen (§ 16 RefE-StaRUG). § 17 RefE-StaRUG enthält weitere zwingenden Anlagen.

Im Kern dürfte hier eine inhaltliche Korrespondenz des aus der EU-Richtlinie übernommenen Begriffs „Restrukturierungsplan“ zum Sanierungskonzept bestehen, wie es aus der Sicht des Berufsstands der Wirtschaftsprüfer gem. IDW S6 zu gestalten ist. Bei beabsichtigter Sanierung eines sich nicht nur in einer vorübergehenden Krise befindenden Unternehmens ist das Vorliegen eines Sanierungskonzepts von großer Bedeutung. Eine erfolgreiche Sanierung erfordert ein planmäßiges Vorgehen, wofür ein Sanierungskonzept notwendig ist. Das Konzept kann etwa für die Frage der Strafbarkeit von Handlungen der Geschäftsführung, für Haftungsrisiken, für die Sanierungsbegleitung durch Kreditinstitute und daraus resultierende aufsichtsrechtliche Risiken, für Anfechtungsrisiken bei Sanierungsvergleichen mit Gläubigern oder auch für die Gewährung öffentlicher Beihilfen von Bedeutung sein.

Ein schlüssiges zweistufiges Sanierungskonzept muss nach der Rechtsprechung des BGH bisher aus positiver insolvenzrechtlicher Fortführungsprognose i.S. nicht vorliegender drohender Zahlungsunfähigkeit und Aussicht auf Wiederherstellung der Wettbewerbs- und Renditefähigkeit des Unternehmens bestehen. Nach IDW S6 setzt sich ein Sanierungskonzept aus folgenden Bestandteilen zusammen:

  • Auftrag mit Auftragsgegenstand und -umfang,
  • Basisinformationen zu wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen sowie zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage,
  • Krisenanalyse zu Krisenursachen, Krisenstadium und Insolvenzgefährdung,
  • Leitbild als Sanierungsziel und Geschäftsmodell des sanierten Unternehmens,
  • Maßnahmen zur Abwendung der Insolvenzgefährdung und zur nachhaltigen Bewältigung der Krise,
  • integrierte Planung mit Darstellung der Sanierungsmaßnahmen und deren Effekten, betrieblichen Teilplänen, Plan-GuV, Finanzplan, Planbilanz sowie Auswirkungen auf Kennzahlen und
  • Ergebnis iS der Einschätzung der Sanierbarkeit (Sanierungsfähigkeit).

In der Gesetzesbegründung zum RefE-SanInsFoG wird vereinzelt das Sanierungskonzept mit dem Restrukturierungsplan in Verbindung gebracht (S. 99). Zudem wird im Gesetzesentwurf im Zusammenhang mit der Bestätigung des Sanierungsvergleichs direkt auf ein Sanierungskonzept abgestellt (§ 98 Abs. 1 RefE-StaRUG). Der RefE betont jedoch, der EU-Richtlinie folgend, für den Restrukturierungsplan statische Elemente zu stark, wenn er Aufstellungen von Vermögenswerten und Schulden in den Vordergrund rückt. Die entscheidenden zukunftsgerichteten Elemente eines Sanierungskonzeptes, insbesondere das aus der Analyse abgeleitete Leitbild des künftig erfolgreichen Unternehmens, und die Bedeutung der Zahlungsfähigkeit treten dabei etwas in den Hintergrund. Hier wird eine zu starke juristische Handschrift spürbar, die überkommenen bilanziellen Betrachtungsweisen nachhängt.

Insgesamt dürfte der Restrukturierungsplan nach RefE-StaRUG eine deutlichere Nähe zum Insolvenzplan haben als zum Sanierungskonzept. Es bleibt abzuwarten, welche Vorschläge des RefE-SanInsFoG in welcher Form Eingang in die Gesetze finden werden. Dabei werden sich an zahlreichen Punkten neue Rechtsfragen stellen, die bis zur gerichtlichen Klärung für zunehmende Rechtsunsicherheit sorgen können. Weiterer Untersuchung bedarf das Verhältnis von Restrukturierungsplan des RefE-StaRUG und Sanierungskonzept nach IDW S6. Hier könnte durchaus eine Anpassung des IDW S6 in Betracht kommen.

Wegen der komplexen Regelungszusammenhänge ist eine gründliche Beratung der Vorschläge geboten. Ob der verbleibende Rest der Legislaturperiode dafür ausreicht, erscheint zweifelhaft.

Weitere Informationen:

Lesen Sie auch meinen Blog zu Folgen des SanInsFoG für den Insolvenzgrund der Überschuldung


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

12 + = 18