Serie Risiko Bilanz – wo man genauer hinschauen sollte: Immobilienbewertung in den IFRS-Bilanzen

Tabellensalat für Zahlenfreunde im Vonovia-Abschluss

Es ist soweit: Die ersten Bilanzen von Immobilienkonzernen schrumpfen zusammen wie ein Luftballon, der ein Loch hat. Nun gut, einen Unterschied gibt es: Der Luftballon kann die ganze Luft verlieren, bei den Immobilien wird sie nicht ganz rausgelassen.

Über die Problematik der hohen Immobilienwerte in den IFRS-Bilanzen habe ich schon mehrfach berichtet. Nun realisieren sich diese Risiken in den Zahlen: Vonovia musste das Immobilienportfolio um knapp 11 Mrd. € nach unten korrigieren, die Deutsche Wohnen um knapp 4 Mrd. €. Das beschert den beiden Immobilienriesen Milliardenverluste.

Das Problem in den IFRS-Bilanzen

Steigende Immobilienwerte hatten in der Vergangenheit für hohe Gewinne gesorgt. Das dreht sich jetzt um: Sinkende Immobilienwerte bescheren nunmehr nicht nur Vonovia und der Deutsche Wohnen hohe Verluste.

Und die Liquidität? Auf die hat diese Achterbahnfahrt keine Auswirkungen. Denn dem Cashflow ist egal, wie Immobilien bewertet werden. Er achtet nur auf Zahlungsflüsse – Mieteinnahmen, Tilgung und Zinsen für Kredite.

Wie wird dies den Aktionären verkauft? Mit einem klaren Hinweis, dass die Verluste durch die gesunkenen Immobilienpreise nicht zahlungswirksam sind. Stimmt. Doch das waren die hohen Gewinne in den letzten Jahren durch aufgeblasene Immobilienwerte auch nicht. Das Problem? Zins und Tilgung müssen bezahlt werden, Refinanzierungen führen zu steigenden Zinsen. Und diese belasten die Liquidität.

Wieso Vonovia die Immobilien um knapp elf Milliarden korrigieren musste

Das ist eine gute Frage. Schauen wir dazu in den Anhang. Neben vielen Tabellen macht der DAX-Konzern zur Bewertung der Immobilien die folgenden Angaben:

„Der Verkehrswert des Portfolios mit Wohngebäuden, Gewerbeobjekten, Garagen und Stellplätzen, Projektentwicklungen sowie unbebauten Grundstücken, vergebenen Erbbaurechten und Pflegeeinrichtungen belieft sich zum 31. Dezember 2023 auf 83.927,7 Mio. € (31.12.2022: 94.694,5 Mio. €).“

Wieso die Verkehrswerte gesunken sind? Das muss man dann selbst aus den Tabellen berechnen. Um zu sehen, wie die Bewertungsparameter sich im Vergleich zum Vorjahr geändert haben, muss man den Geschäftsbericht des Vorjahres danebenlegen.

Was zählt zu den Bewertungsparametern neben den Diskontierungszinssätzen und den Mietsteigerungen? Die Verwaltung- und Instandhaltungskosten beispielsweise. Die Zahlen der Immobilienportfolios wird in Tabellen für die Regionalmärkte einzeln aufgelistet. Was man leider jedoch vergeblich sucht, ist ein direkter Vorjahresvergleich. Welcher Parameter vor allem für die Wertkorrektur verantwortlich ist? Auch eine Angabe dazu sucht man im Anhang vergeblich. Ich hoffe, die Suche Ihrer Kinder nach Ostereiern ist erfolgreicher.

Textliebhaber kommen hier leider nicht auf ihre Kosten, Zahlenliebhaber hingegen schon. Doch so sehr ich Zahlen liebe: Etwas mehr Informationen im Fließtext zu den Gründen der Wertkorrektur hätte ich mir schon gewünscht. Schließlich sind auch knapp elf Milliarden für Vonovia kein Kleinbetrag. Das Immobilienportfolio wurde um mehr als zehn Prozent nach unten korrigiert.

Da bleibt den Aktionärinnen und Aktionären nichts anders übrig, als auf der Hauptversammlung genauer nachzufragen. Bedauerlich, dass Vonovia die Chance vertan hat, mit mehr Transparenz etwas für das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger zu tun.

Lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag im NWB Experten-Blog:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

74 − = 64