#SpendenStattVernichten: Neues zur Umsatzsteuerpflicht auf Sachspenden

Der nunmehr viele Wochen anhaltende zweite harte Lockdown hat dazu geführt, dass Einzelhändler auf einem Großteil ihrer Waren sitzen geblieben sind. Vor allem die Textilbranche dürfte dies hart treffen, unterliegt doch gerade die Mode den jeweiligen Trends einer Saison. Hürden müssen die jeweiligen Einzelhändler überwinden, wenn sie die überquellenden Lager durch entsprechende Sachspenden leeren wollen. Denn: ebenso wie beim Verkauf unterliegen Sachspenden der Umsatzsteuerpflicht. Dies führt meist dazu, dass die nicht verkauften Waren geschreddert werden. Berücksichtigt man, dass aktuell mehrere hundert Millionen unverkaufter Kleidungsstücke deutschlandweit in den Lagern liegen, ergibt dies eine unsagbare Wertezerstörung.

Eine grundlegende Änderung dieses umsatzsteuerrechtlichen Paradoxons fordert nunmehr eine Allianz aus der Grünen-Bundestagsfraktion, dem Handelsverband Deutschland (HDE) und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband. Unter dem Slogan „#Spenden statt Vernichten – Lagerware für den guten Zweck“, stellten sie vergangene Woche eine gemeinsame Initiative für die Weiterverwendung von Waren vor, die während der Corona-Krise nicht verkauft werden konnten.

Hauptanliegen: Abschaffung der Umsatzsteuer auf Sachspenden

Hauptanliegen der Initiative ist die Abschaffung der Umsatzsteuer auf Sachspenden. Katrin Göring-Eckardt führte dazu aus, dass es gerade in der Corona-Krise keinen Sinn ergebe, wenn die Händler bei der Absicht, die überschüssige Ware spenden zu wollen, sogar noch draufzahlen müssten. Kein Händler würde seine Waren gerne freiwillig vernichten, sie würden damit viel lieber Bedürftigen helfen, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Allerdings sei nach den steuergesetzlichen Vorgaben die Vernichtung von Textilwaren oft die günstigere Alternative.

Zwar gebe es derzeitig ein BMF-Entwurfsschreiben, welches die Umsatzsteuerbehandlung von Sachspenden ändern soll, dies sehe jedoch lediglich eine vorübergehende Abschaffung der Umsatzbesteuerung bis zum 31.12.2021 vor (vgl. dazu auch den Blog-Beitrag von Homuth „Lebensmittelspende – Kritik an der Steuerpflicht von Sachspenden“).

Lebensmittelspenden bereits seit 2012 „umsatzsteuerbefreit“

Für Lebensmittelspenden gibt es aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht bereits seit 2012 Besonderheiten. Bei der unentgeltlichen Abgabe von Lebensmitteln an mildtätige Zwecke wird aus Billigkeitsgründen von der Umsatzbesteuerung abgesehen. Die Finanzministerien der Länder und des Bundes verständigten sich damals darauf, dass solche Ware nach Ladenschluss nur noch einen Wert von Null Euro hat. Denn die unentgeltliche Abgabe der Lebensmittel durch Unternehmer an eine Tafel ist einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt (§ 3 Abs. 1b UStG); Bemessungsgrundlage ist hier der fiktive Einkaufspreis zum Zeitpunkt der Abgabe bzw. Entnahme (vgl. Abschn. 10.6 Abs. 1 S. 1 ff. UStAE).

Da die Lebensmittel im Spendenzeitpunkt kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen bzw. Obst und Gemüse aufgrund der Verderblichkeit nicht mehr verkäuflich sind, wird der fiktive Einkaufspreis auf 0 EUR festgesetzt.

Hoffnung auf baldige (unter-)gesetzliche Regelung

Der Appell an die Bundesregierung, Sachspenden an gemeinnützige Organisationen von einer Belegung mit Umsatzsteuer zu befreien, indem eine Bemessungsgrundlage von Null Euro zum Tragen kommt, ist nicht neu. U.a. im April des vergangenen Jahres kam Dr. Wolfram Birkenfeld, Richter am BFH a.D., in einem Rechtsgutachten (https://www.bevh.org/)zu dem Ergebnis, dass dies nach deutschem und europäischem Umsatzsteuerrecht möglich ist. Bereits zu diesem Zeitpunkt schlug er einen entsprechenden Erlass des Bundesfinanzministeriums vor. Die seither zugespitzte Situation dürfte die Unterstützer für diesen Vorschlag mehren. Denn die Umsatzbesteuerung führt unfraglich zu klaren Fehlanreizen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Forderung nach einer dauerhaften und vollständigen Umsatzsteuerbefreiung von Sachspenden an gemeinnützige Organisationen Realität wird.

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