Steuerliche Beurteilung von Stipendien – alles andere als leicht

Stipendien sind eine feine Sache. Wohl jeder Student, Doktorand oder – angehende – Wissenschaftler freut sich darüber. Die Freude hält sich auf Seiten der Steuerberater und der Finanzbeamten aber in Grenzen, wenn sie die steuerliche Einordnung vornehmen müssen. Denn es zeigt sich, dass letztlich eine tiefgehende Einarbeitung in die Förderrichtlinien erforderlich ist, um zu entscheiden, ob ein Stipendium überhaupt steuerbar, steuerfrei oder steuerpflichtig ist.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Stipendien im Allgemeinen steuerfrei sind. Allerdings sind der Steuerfreiheit enge Grenzen gesetzt. Unter anderem darf ein Stipendium den Empfänger nicht zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichten (§ 3 Nr. 11 u. Nr. 44 EStG). Nachfolgend möchte ich Ihnen kurz einige Urteile zum Thema „Stipendium“ aus der jüngeren Zeit vorstellen.

Vorweg ein wichtiges Urteil des BFH. Dieser hat soeben entschieden, dass Leistungen aufgrund eines Fördervertrags mit der „Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen“ unter bestimmten Umständen erst gar nicht steuerbar sind. Auf eine eventuelle Steuerbefreiungsvorschrift kommt es somit gar nicht an (BFH-Urteil vom 11.11.2020, IX R 33/18).

Durch das Thüringen-Stipendium werden Ärzte einerseits finanziell unterstützt, müssen sich andererseits aber verpflichten, für eine bestimmte Dauer als Hausarzt an der vertragsärztlichen Versorgung in Thüringen teilzunehmen. Entsprechend der vertraglichen Regelung erhielt die Klägerin im Streitjahr eine Einmalzahlung in Höhe von 15.000 Euro. Das Finanzamt setzte diese als steuerpflichtige Einkünfte an, doch der BFH ist anderer Ansicht. Die Einmalzahlung führe weder zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit noch zu Einkünften aus selbständiger Arbeit. Die Einmalzahlung erfolgte weder für ein Dienstverhältnis der Klägerin noch stand sie im Zusammenhang mit einem ersten freiberuflichen Tätigwerden oder einer im Aufbau befindlichen freiberuflichen Tätigkeit.

Die Einmalzahlung der Stiftung führe aber auch nicht zu sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG. Kern und Schwerpunkt des Fördervertrages sei die Bereitschaft, zukünftig für vier Jahre als Arzt im Freistaat Thüringen tätig zu sein. Die zukünftige ärztliche Tätigkeit selbst sei dagegen nicht der Grund für die Zahlung, sondern schaffe lediglich die weiteren Voraussetzungen für das Behaltendürfen der Einmalzahlung. Es handele sich mithin nicht um ein leistungsbezogenes Entgelt.

Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass Stipendiumsleistungen, die eine in Deutschland tätige Gastärztin aus ihrem Heimatland zur Sicherung ihres Unterhalts erhält, nicht steuerbar sind (Urteil vom 14.2.2019, 10 K 247/17), allerdings wurde das Urteil vom BFH wieder kassiert (BFH-Urteil vom 8.7.2020, X R 6/19).

 

Die Klage vor dem Finanzgericht war zwar erfolgreich, doch der BFH konnte sich der Auffassung, dass die Leistungen von vornherein nicht steuerbar sind, nicht anschließen. Leistungen aus einem Stipendium, das einem ausländischen Mediziner (Gastarzt) von seinem Heimatland für dessen Facharztweiterbildung in Deutschland gewährt wird, können durchaus steuerbar und auch steuerpflichtig sein, etwa nach § 22 Nr. 1 Satz 1 sowie Satz 3 Buchst. b EStG. Feststellungen des FG ließen aber keine abschließende Entscheidung des Senats zu. Das FG muss nun zahlreiche Feststellungen nachholen.

Im Jahre 2019 hat das Finanzgericht Münster geurteilt, dass vorweggenommene Werbungskosten für einen Forschungsaufenthalt in den USA um für diesen Aufenthalt gewährte steuerfreie Stipendien zu kürzen sind (FG Münster vom 15.10.2019, 12 K 1794/16 E).

Das FG Münster hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen; die Revision liegt aber vor (Az. VI R 34/20).

Und abschließend noch ein Blick ins Sozialrecht: Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass auf Promotionsstipendien in voller Höhe Kranken- und Pflegeversicherungsbeträge zu entrichten sind (Urteil vom 15.12.2020, L 16 KR 333/17).

Sie sehen: Die steuerliche Einordnung von Stipendien ist alles andere als leicht.


Hinweis: Für weitere Details zu den Urteilen klicken Sie bitte auf die Aktenzeichen.

 

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