Steuerliches Einlagenkonto oder die Suche nach der Steuerbescheinigung

Ausschüttungen einer GmbH, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekontos als verwendet gelten, führen nicht zu Einnahmen i.S. des § 20 EStG. So weit, so gut. Allerdings ist der Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gemäß § 27 KStG in früherer Zeit oftmals nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt worden und so spiegeln die steuerlichen Einlagenkonten zuweilen nicht immer die Realität wider.

Wer nun aber Beträge aus einem nicht einwandfrei geführten und festgestellten Einlagenkonto – steuerfrei – ausschütten möchte, könnte in eine Falle tappen, denn bereits im Jahre 2015 hat der BFH entschieden:  Die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 2002, nach der Bezüge aus Anteilen an einer Körperschaft nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören, soweit für diese das steuerliche Einlagekonto i.S. des § 27 KStG 2002 als verwendet gilt, knüpft tatbestandlich an die im Bescheid nach § 27 Abs. 2 KStG 2002 ausgewiesenen Bestände des steuerlichen Einlagekontos an (BFH 28.1.2015, I R 70/13, BStBl 2017 II S. 101).

Leider zeigt die Praxis, dass nicht nur die Führung und Feststellung des Einlagenkontos mitunter Probleme bereitet (hat),  sondern auch die korrekte Ausstellung – und Aufbewahrung – der Steuerbescheinigungen. Ein aktuelles Urteil des FG Berlin-Brandenburg verdeutlicht, dass mangelnde Sorgfalt zu einem steuerlichen Super-GAU führen kann. In dem zugrundeliegenden Fall ist nämlich die Bescheinigung, die die Ausschüttung aus dem Einlagenkonto, also die reine Einlagenrückgewähr, bestätigt, irgendwie abhandengekommen.

Das FG hat diesbezüglich geurteilt: Sind nach Angaben der Kapitalgesellschaft Bescheinigungen im Sinne von § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG erstellt, aber nicht an die Gesellschafter weitergegeben worden und bei der Gesellschaft nicht mehr vorhanden, …. so gilt die Einlagenrückgewähr nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG als mit 0 EUR bescheinigt. Die Unaufklärbarkeit des Sachverhalts geht zu Lasten der Kapitalgesellschaft. Dafür, dass die Steuerbescheinigungen tatsächlich ausgestellt wurden, spricht kein Beweis des ersten Anscheins. Das Finanzamt darf daher für die Auskehrung Kapitalertragsteuer festsetzen (Urteil v. 3.5.2022, 8 K 8077/20).

Letztlich werden also Steuern für einen Vorgang erhoben, der steuerfrei hätte bleiben können. Ein kleines Stück Papier kann folglich große Bedeutung haben!

Das FG hat die Revision zugelassen, so dass das letzte Wort möglicherweise noch nicht gesprochen ist. Aber ungeachtet dessen zeigt das Urteil wieder einmal, dass dem steuerlichen Einlagenkonto und den Steuerbescheinigungen viel Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.

Übrigens, nur am Rande: Die Korrektur eines bestandskräftig festgestellten Einlagenkontos wird zumeist abgelehnt. Im Einzelfall können aber das Urteil des FG Münster vom 13.10.2017 (13 K 3113/16 F) sowie das aktuelle BFH-Urteil vom 8.12.2021 (I R 47/18) weiterhelfen, die gegebenenfalls zur Hand genommen werden sollten, wenn ein Fehler geheilt werden soll.


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