Streit um den Solidaritätszuschlag: Klage der FDP vor dem Bundesverfassungsgericht?

Mitglieder der FDP-Bundestagsfraktion halten die Erhebung des Solidaritätszuschlags für den Zeitraum nach dem 01.01.2020 aufgrund des ausgelaufenen Solidarpakts für den Aufbau Ost für verfassungswidrig. Eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ist laut FDP-Fraktionsvize Christian Dürr daher für September geplant.

Kommt es zu einer Verfassungswidrigkeit der Erhebung?

Hintergrund

Zum 01.01.2021 werden circa 90 Prozent der Steuerzahler den sog. Solidaritätszuschlag nicht mehr zahlen müssen. 6,5 Prozent der Steuerzahler sollen ihn ab dann nur noch teilweise zahlen, in Abhängigkeit von der Höhe des Einkommens. Vollumfänglich weiterbezahlen sollen ihn nur noch die einkommensstärksten 3,5 Prozent der deutschen Steuerzahler. Ursprünglich eingeführt worden war er als Sondersteuer für den Aufbau Ostdeutschlands. Er beträgt 5,5 Prozent der Körperschaft- und Einkommensteuer.

Da der Solidarpakt für den Aufbau Ost bereits Ende 2019 ausgelaufen ist, der Solidaritätszuschlag indes aber weiter erhoben wird, kündigten Mitglieder der FDP-Bundestagsfraktion nunmehr an, im September nach der parlamentarischen Sommerpause eine Klage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen.

Erhebung ab 2020 mit dem Grundgesetz vereinbar?

So sagte der FDP-Fraktionsvize Christian Dürr gegenüber der Deutschen Presse-Agentur DPA: „Mit Auslaufen des Solidarpakts für den Aufbau Ost hätte der Soli zum 01.01.2020 vollständig für alle abgeschafft werden müssen. Trotzdem halten Union und SPD daran fest und riskieren somit offen den Verfassungsbruch. Nach der Sommerpause im September werden wir vors Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Fraktionsvorstands werde ich für die FDP-Fraktion gegen den Soli klagen.“ Man habe in den vergangenen Monaten verschiedene rechtliche Optionen geprüft, so Dürr. Dabei hätten mehrere Gutachten ergeben, dass die Erhebung des Solidaritätszuschlags nach Dezember 2019 nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Obwohl der Daseinszweck entfallen sei, müssten Bürger und Unternehmen ungerechtfertigterweise derzeitig den Solidaritätszuschlag weiterzahlen. Das gelte auch für das Jahr 2021 für einen Teil der Steuerpflichtigen.

Kritische Stimmen zur Erhebung des Solidaritätszuschlags existieren auch in anderen Parteien. So sind gleichfalls in der CDU/CSU Bedenken aufgekommen, dass die geplante Abschaffung für rund 90 Prozent der bisherigen Zahler nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Ähnlich sieht dies der Bund der Steuerzahler.

FG Nürnberg hält Zahlungen in 2020 für rechtens

Zumindest das Finanzgericht Nürnberg entschied jüngst (Urteil vom 29.07.2020 – 3 K 1098/19), dass die Zahlung des Solidaritätszuschlags in diesem Jahr weiterhin rechtens sei. Mit der Unterstützung des Bundes der Steuerzahler hatte ein selbständiges Ehepaar geklagt, welches die Vorauszahlung des Solidaritätszuschlags für dieses Jahr für verfassungswidrig hielt. Der Bund der Steuerzahler will nun prüfen, ob er Revision beim Bundesfinanzhof einlegen wird. Denn mit der Zulassung für die Revision hat das Gericht den Weg vor eine höhere Instanz frei gemacht. Der Senat entschied sich allerdings dagegen, die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Solidaritätszuschlag weiterhin zeitgemäß?

Bereits in ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2017 forderte die FDP eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Mit der Begründung, dass der Solidarpakt Ende 2019 auslaufe und die Erhebung des Solidaritätszuschlags ab dann nicht mehr zu rechtfertigen sei, setzte man sich bereits im Rahmen der letzten Bundestagswahl lautstark für dessen Abschaffung bis spätestens Ende 2019 ein (Bundestagswahlprogramm 2017 der FDP, S. 122). Dass die Forderung nunmehr ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl erneut aufgegriffen wird, dürfte nicht willkürlich gewählt worden sein. Auch die Entscheidung der Regierungskoalition, den Solidaritätszuschlag nicht bereits Ende 2019, sondern im Jahr 2021, d.h. im Jahr der Bundestagswahl – zumindest partiell – auslaufen zu lassen, dürfte wohlüberlegt getroffen worden sein.

Sollte eine Klage in Karlsruhe angestrebt und der Solidaritätszuschlag für den Zeitraum nach 2019 tatsächlich für verfassungswidrig erklärt werden, würde dies zumindest alle Steuerzahler betreffen. Eine Welle von massenhaft eingelegten Widersprüchen gegen die entsprechenden erteilten Steuerbescheide würde dann wohl folgen.

Es bleibt abzuwarten, wie es im kommenden Monat nach der parlamentarischen Pause hier weitergehen wird.

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