Teilnahme einer Gemeinde an Außenprüfung des Finanzamts

In meinem Blog-Beitrag „Gemeinden misstrauen dem Fiskus – Schilda lässt grüßen“ habe ich darauf hingewiesen, dass die Stadt Dormagen plant, einen Betriebsprüfer einzustellen, der die Außenprüfungen des Finanzamtes bei Großunternehmen begleitet. Vorbild sollen drei Städte in der Region sein, die bereits so verfahren würden. Aufgrund der positiven Erfahrungen sei der Mehraufwand bei den Personalkosten in Höhe von rund 100.000 Euro im Jahr gerechtfertigt. Im Fokus habe die Stadt Großunternehmen, „die den steuerrechtlichen Rahmen weitestgehend ausschöpfen.” Die Stadt erwarte sich durch die Prüfungsbegleitung jedenfalls Mehreinnahmen. Ob die Einstellung des Prüfers in Dormagen tatsächlich erfolgt ist, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls würde Dormagen – wie alle anderen Gemeinden Deutschlands – nun Rückenwind durch den BFH erhalten.

Dieser hat aktuell entschieden, dass die Gemeinden zwar nicht dazu ermächtigt sind, gegenüber Gewerbesteuerpflichtigen die Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung des Finanzamts anzuordnen. Allerdings darf das Finanzamt im Rahmen seiner eigenen Anordnung der Außenprüfung der Gemeinde ihr Recht zur Teilnahme an dieser Außenprüfung einräumen – was es wohl regelmäßig tun wird (BFH-Urteil vom 23.1.2020, III R 9/18).

Der Sachverhalt:

Das Finanzamt erließ die Anordnung einer steuerlichen Außenprüfung bei der Klägerin u.a. für die Gewerbesteuer 2012 bis 2015. Die Betriebsprüfungsanordnung enthielt zugleich eine Mitteilung, dass die Stadt X von ihrem Recht auf Teilnahme an der Außenprüfung nach § 21 Abs. 1 FVG Gebrauch mache. Weiter heißt es in dem mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben: Mit der Teilnahme erhält die Stadt X die Möglichkeit, ihre Beteiligungsrechte im Zusammenhang mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Gewerbesteuer geltend zu machen. Das gemeindliche Teilnahmerecht nach § 21 Abs. 3 FVG stellt eine Befugnis im Verhältnis der Gemeinden zur Finanzverwaltung dar. Es beschränkt sich auf die Anwesenheit eines Gemeindebediensteten, der – abgesehen von einem ihm zustehenden Betretungsrecht und möglichen freiwilligen Mitwirkungsakten des Steuerpflichtigen – lediglich Informations- und Auskunftsrechte gegenüber dem Prüfer der Finanzverwaltung besitzt. Der Gemeindebedienstete darf grundsätzlich nicht selbst als Prüfer auftreten und keine Prüfungshandlungen und Ermittlungen der in § 200 AO genannten Art vornehmen; er besitzt mithin keine aktiven Mitwirkungsrechte gegenüber dem Steuerpflichtigen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.01.1995, 8 C 30.92).“

Gegen die Regelung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten legte die Klägerin Einspruch ein, der als unbegründet zurückgewiesen wurde. Klage und Revision blieben erfolglos.

Begründung:

Da es sich bei der Regelung des Rechts auf Teilnahme an der Außenprüfung um einen gegenüber dem Steuerpflichtigen eigenständigen Verwaltungsakt handelt, könne der Steuerpflichtige im Rahmen der Anfechtung dieser Anordnung zwar alle Einwendungen geltend machen. Und die Finanzbehörde müsse zur Wahrung des Steuergeheimnisses im Einzelnen sorgfältig prüfen, ob die Offenbarung bestimmter Informationen der Durchführung des Verfahrens dient und verhältnismäßig ist. Aber: Wenn die Gemeinde ihr Teilnahmerecht, welches zu ihrem verfassungsrechtlich geschützten Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) gehört, einfordern möchte, könne sie dies gegenüber der Finanzverwaltung geltend machen. Die Finanzverwaltung sei dann verpflichtet, durch eine entsprechende, dem Steuerpflichtigen bekanntzugebende Regelung der Teilnahme im Rahmen der Prüfungsanordnung oder in einer separaten Verfügung dem Beteiligungsrecht der Gemeinde im Zusammenhang mit der Ermittlung der Gewerbesteuer Geltung zu verschaffen.

Allein der Umstand, dass es bei einer Offenbarung von Informationen durch den dem Steuergeheimnis unterliegenden Gemeindebediensteten zu einer Verletzung des Steuergeheimnisses kommen könne, schließe die den Gemeinden zustehenden Informations- und Teilnahmerechte nicht von vornherein aus.

Grundsätzlich sei es auch nicht Aufgabe des Finanzamtes, die Einhaltung des Steuergeheimnisses bei der Gemeinde zu gewährleisten. Wenn es allerdings für das Finanzamt nach den Umständen des Einzelfalls offensichtlich erkennbar werde, dass die Einhaltung des Steuergeheimnisses bei der Gemeinde nicht gewährleistet ist, könnte die Finanzbehörde gehalten sein, einen Nachrichtenaustausch gegenüber der Gemeinde von vornherein zu unterlassen, da insoweit eine Offenbarung über den zur Erreichung des steuerlichen Zwecks erforderlichen Umfang hinausgeht und insoweit nicht verhältnismäßig wäre. Das führe aber noch nicht zur Rechtswidrigkeit der Teilnahmeanordnung an sich.

Weitere Informationen:

BFH, Urteil v. 23.1.2020 – III R 9/18

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