Überlassung von Fahrrädern und E-Bikes: (Keine) Klarheit bei der Umsatzsteuer

Bereits mehrfach habe ich an dieser Stelle über das steuerliche Chaos zum Thema „Überlassung von Fahrrädern und E-Bikes an Arbeitnehmer“ berichtet. Nun hat das BMF dankenswerterweise – endlich – zu den umsatzsteuerlichen Folgen Stellung genommen, auch wenn die Auffassung des BMF wenig überraschend ist (BMF-Schreiben vom 7.2.2022, III C 2 – S 7300/19/10004 :001).

Kurz gesagt: Die einkommen- und lohnsteuerlichen Vergünstigungen finden im Umsatzsteuerrecht keine Anwendung. Üblicherweise wird die Überlassung eines (Elektro-)Fahrrades an Arbeitnehmer umsatzsteuerlich nach der Ein-Prozent-Methode berechnet.

In dem maßgebenden BMF-Schreiben verzweifele ich aber an einem Satz und hoffe auf Ihre Mithilfe. Der Satz 5 in Abschnitt 15.24 UStAE lautet: „Wenn der anzusetzende Wert des Fahrrades weniger als 500 Euro beträgt, wird es nicht beanstandet, wenn abweichend von dem Vorstehenden von keiner entgeltlichen Überlassung des Fahrrades ausgegangen wird.“

Aber was, bitte schön, ist denn der „anzusetzende Wert des Fahrrades“? Auf den ersten Blick denkt man, damit sei die unverbindliche Kaufempfehlung gemeint, so dass nur die Überlassung preiswerter Fahrräder von der Umsatzbesteuerung ausgenommen bleibt.

Doch es könnte auch die jährliche steuerliche Bemessungsgrundlage gemeint sein. Bei einem unverbindlichen Verkaufspreis von 4.000 Euro würde der Wert laut Ein-Prozent-Regelung 40 Euro, pro Jahr also 480 Euro betragen, unter 500 Euro liegen und von der Besteuerung ausgenommen bleiben. In diesem Sinne verstehe ich jedenfalls den Beitrag von Herrn Dr. Sterzinger in UStDD 4/2022, S. 12 (für Abonnenten kostenfrei). Herr Dr. Sterzinger ist Referent in FinMin Sachsen-Anhalt.

Die Auffassung von Herrn Dr. Sterzinger lässt sich zumindest grammatikalisch ableiten: Der Satz 5 könnte Bezug nehmen auf etwas unmittelbar vorangegangenes, also auf Satz 4. Und das wäre der steuerliche Jahreswert und eben nicht die unverbindliche Kaufempfehlung.

Andererseits: Ob der Richtliniengeber das wirklich gemeint hat? Ich kann es mir nicht vorstellen. Er will wohl tatsächlich nur preiswerte Fahrräder begünstigen.

Jedenfalls ist die Passage im UStAE extrem verunglückt.

Wie ist Ihre Auffassung?

Nun kommt aber das nächste Problem: Wenn von keiner entgeltlichen Überlassung des Fahrrades ausgegangen wird, handelt es sich doch um eine unentgeltliche Überlassung. Und diese wiederum unterliegt nach § 3 Abs. 9a UStG der Umsatzbesteuerung. Nun gut, in Satz 6 des Abschnitts 15.24 UStAE heißt es, dass eine Umsatzbesteuerung nicht erforderlich ist. Doch wenn kein umsatzsteuerlich relevanter Vorgang vorliegt, könnte ein Finanzbeamter auf die glorreiche Idee kommen, den Vorsteuerabzug zu streichen. Leider zeigt die Praxis, dass Finanzbeamte sehr erfindungsreich sind, wenn es um die Interpretation von BMF-Schreiben geht. Und misslich ist, dass die Gerichte die Selbstbindung der Finanzverwaltung zunehmend missachten.

Meine Meinung: Wieder einmal ein sprachlich misslungenes BMF-Schreiben.

Update:

Kurz nach Veröffentlichung dieses Beitrags  folgte eine Klarstellung des BMF.
Lesen Sie hierzu: Überlassung von Fahrrädern: Klarstellung des BMF


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