Vermietung des Arbeitszimmers an den Arbeitgeber: Prognosezeitraum kann sehr kurz sein

Wer sein häusliches Arbeitszimmer an den Arbeitgeber in dessen betrieblichem Interesse vermietet, erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Zwar gibt es zahlreiche Abgrenzungsfragen, das heißt, die Mietzahlungen können auch Lohn darstellen. Darauf soll nachfolgend aber nicht eingegangen werden. Vielmehr soll das Augenmerk auf die Überschussprognose gelegt werden, die zumindest in Fällen jüngeren Datums zu erstellen ist.

Zum Hintergrund:

Finanzverwaltung und Rechtsprechung haben früher bei einer auf Dauer angelegten Vermietung an den Arbeitgeber stets eine Überschusserzielungsabsicht unterstellt. Mithin wurden Verluste üblicherweise anerkannt (BMF-Schreiben vom 13.12.2005, BStBl 2006 I S. 4). Im Jahre 2018 hat der BFH aber in einer bemerkenswerten Entscheidung festgestellt, dass nicht eine Vermietung von Wohnraum, sondern von gewerblich genutzten Räumlichkeiten vorliegt. Folglich könne ein Arbeitnehmer Werbungskosten nur geltend machen, wenn eine objektbezogene Prognose die erforderliche Überschusserzielungsabsicht belegt (BFH vom 17.4.2018 – IX R 9/17; die Einkünfteerzielungsabsicht sollte die Vorinstanz FG Köln dann im zweiten Rechtszug beurteilen). Die Finanzverwaltung ist der Auffassung grundsätzlich gefolgt (BMF-Schreiben vom 18.4.2019, BStBl 2019 I S. 461), lässt aber eine Übergangsregelung zu: Für Mietverträge, die vor dem 1.1.2019 abgeschlossen wurden, sei eine Einkünfteerzielungsabsicht weiterhin zu unterstellen.

Wer denkt, nun könnte in allen Altfällen aufgeatmet werden, sieht sich aber getäuscht. Denn das Finanzamt hat den o.g. Streitfall weiter betrieben. Das heißt: Trotz der Übergangsregelung hat die Finanzverwaltung eine Entscheidung des FG Köln im zweiten Rechtszug eingefordert. Und dieses hat entschieden, dass der Prognosezeitraum mitunter sehr kurz sein kann. Im Urteilsfall war der Arbeitnehmer bei Abschluss des Mietvertrages im Jahre 2003 bereits 58 Jahre alt. Unstreitig wurde das Arbeitsverhältnis im Jahre 2016 beendet, so dass ein Prognosezeitraum von nur 13 Jahren (2003 bis 2016) zugrunde zu legen ist. Und dieser reichte angesichts hoher Kosten im Jahre 2012 nicht aus, um einen Totalüberschuss zu erwirtschaften (FG Köln, Urteil vom 12.2.2020, 5 K 2225/18).

Hinweis:

Grundsätzlich ist nach meinem Dafürhalten ein Prognosezeitraum von 30 Jahren maßgeblich, sofern Mietverträge unbefristet abgeschlossen werden und sich nicht anhand besonderer Umstände ergibt, dass der 30-Jahres-Zeitraum gar nicht erreicht werden kann (vgl. BFH vom 19.2.2019 – IX R 16/18). Es steht nun aber zu befürchten, dass die Finanzämter mit dem Urteil des FG Köln im Rücken nach „besonderen Umständen“ suchen werden, um den Prognosezeitraum zu verringern. Und zwar auch in Fällen, in denen der Mietvertrag vor 2019 abgeschlossen worden ist.

Bereits mehrfach habe ich in diesem Blog darauf aufmerksam gemacht, dass einzelne Finanzämter – zuweilen mit dem Segen ihrer OFD – BMF-Schreiben mit äußerst fadenscheinigen Begründungen ignorieren. Und leider lässt die Rechtsprechung der Finanzgerichte eine Tendenz erkennen, die Selbstbindung der Finanzverwaltung nicht weiter zu thematisieren. Im Besprechungsfall heißt es nur: „Der Erlass übersieht ….“. Und schon war das Thema „Selbstbindung“ vom Tisch. Eines muss man der Finanzverwaltung und dem FG Köln aber zugutehalten: Der Fall mit einem Verlust von weit über 70.000 Euro war einfach zu „krass“, um ihn „durchzuwinken“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

66 − = 59