Vorsicht Falle: Verkauf eines Grundstücksteils löst Spekulationsbesteuerung aus

In Zeiten der Wohnraumknappheit ist jeder Neubau willkommen. Allerdings sind große Teile Deutschlands bereits so dicht bebaut, dass komplette Neubaugebiete nur noch selten erschlossen werden. Lückenbebauungen sowie die Parzellierung größerer Grundstücke, um darauf neue Häuser errichten zu können, sind daher vielerorts angebracht. Was aber, wenn der Eigentümer eines großen Grundstücks, das mit einem Eigenheim bebaut ist, einen Teil abtrennt und verkauft? Löst dieser Vorgang ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft (§§ 22, 23 EStG) aus? Vorausgesetzt natürlich, dass zwischen Kauf und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre liegen.

Die Antwort wird den Fiskus erfreuen, nicht aber Grundstücksbesitzer und das Bundesbauministerium: Der Verkauf eines Grundstücksteils löst die Spekulationsbesteuerung aus! So lautet ein Urteil des Niedersächsischen FG (Urteil vom 20.7.2022, 4 K 88/21; Revision anhängig, BFH-Az.: IX R 14/22)

Es ging um folgenden Sachverhalt:

Ein Ehepaar erwarb in 2014 ein Einfamilienhaus, das sich auf einem fast 4.000 qm großen Grundstück befindet. Als im Jahre 2018 in der Nachbarschaft gebaut wurde, erkannten die Eheleute, dass auf ihrem Grundstück noch ein weiteres Gebäude errichtet werden könnte. Daraufhin veranlassten sie die Teilung des Grundstücks und veräußerten in 2019 eine Parzelle. Auf Nachfrage des Finanzamtes erläuterten sie, dass sie lediglich einen Teil ihres Gartens des von ihnen selbst genutzten Grundstücks veräußert hätten. Das von ihnen in 2014 angeschaffte Grundstück in dem kleinen Dorf sei durchaus von ortsüblicher Größe gewesen. Das Finanzamt war dennoch der Auffassung, dass ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vorgelegen habe. Dies sei auch dann gegeben, wenn das restliche Grundstück weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzt werde. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.

Die Begründung in aller Kürze:

Der Verkauf eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude ist steuerfrei, und zwar inklusive des dazugehörigen Grund und Bodens. Im Streitfall diente das verkaufte Flurstück aber nicht mehr eigenen Wohnzwecken der Kläger. Mit der Grundstücksteilung und Bildung des neuen Flurstücks zum Zwecke des Verkaufs war der Zusammenhang mit dem weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude aufgehoben. Der Grund und Boden „gehörte“ nicht länger zum eigengenutzten Gebäude und konnte daher auch nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Es sei daher auch unerheblich, dass die Kläger den veräußerten Grundstücksteil bis zur Veräußerung als Garten genutzt haben. Ebenso brauchte nicht entschieden zu werden, ob und wann die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die zukünftige Bebauung mit einem Einfamilienhaus vorgelegen haben.

Denkanstoß

Es wurde die Revision zugelassen (BFH-Az.: IX R 14/22). Die Frage, ob eine Parzellierung einer zuvor erworbenen Grundstückfläche und deren Weiterverkauf innerhalb des zehnjährigen Veräußerungszeitraums wegen der Weiternutzung des erworbenen Gebäudes zu eigenen Wohnzwecken zu einem Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG führt, habe grundsätzliche Bedeutung.

Ich hoffe zwar, dass der BFH zugunsten der Kläger entscheiden wird, doch allzu große Hoffnung auf ein positives Urteil hege ich nicht, denn es gibt bereits das BFH-Urteil vom 25.5.2011 (IX R 48/10, BStBl 2011 II S. 868), das die Auffassung der Finanzverwaltung stützen dürfte.

Wann ein Grundstück zum selbstgenutzten Eigenheim „gehört“, kann übrigens auch bei der Erbschaftsteuer von Interesse sein. Das FG Düsseldorf hatte eine durchaus praxisrelevante Entscheidung zu der Frage gefällt, wieweit die erbschaftsteuerliche Befreiung für ein Familienheim geht, wenn sich hinter dem Hausgrundstück ein separates Gartengrundstück mit einer eigenen Flurstück-Nummer befindet. Allerdings ist das Urteil zuungunsten der Erbin ausgefallen (Urteil vom 16.5.2018, 4 K 1063/17 Erb). Der Einfachheit halber verweise ich diesbezüglich auf meinen Blog-Beitrag „Fällt der Garten hinter dem Haus unter die Erbschaftsteuerbefreiung?“

Weitere Informationen:
NWB Online-Nachricht – Einkommensteuer: Privates Veräußerungsgeschäft nach Grundstücksteilung


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