Was ist eigentlich „schnell“?

Wer eine Aussetzung der Vollziehung beantragt, will diese lieber gestern als heute bewilligt wissen. Zumindest erhofft oder erwartet er, dass der zuständige Finanzbeamte seinen Antrag binnen weniger Tage, also „schnell“, bearbeitet. Gleiches gilt selbstverständlich, wenn die Aussetzung der Vollziehung auf gerichtlichem Wege erreicht werden soll.

Doch zwischen dem Antragsteller und dem oder den Finanzrichtern gibt es bei der Auslegung des Begriffs „schnell“ zuweilen eine erhebliche Diskrepanz. Der eine versteht auch hier den Begriff „schnell“ in der Form von „kurzfristig“, „eilig“ oder „binnen weniger Tage.“ Der andere hält sechs Wochen für schnell – so zumindest in einem Fall vor dem Niedersächsischen FG (8.5.2019, 4 K 240/18), der es nun vor den BFH geschafft hat (BFH-Beschluss vom 16.10.2019, X B 99/19).

Worum geht es?

Eine Steuerzahlerin stellte während eines Klageverfahrens beim FG am 25.2.2019 einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV), mit dem sie um schnellstmöglichen vorläufigen Rechtsschutz bat. Das FG lehnte den AdV-Antrag mit Beschluss vom 11.4.2019 ab. Am 7.5.2019, einen Tag vor der mündlichen Verhandlung im Hauptsacheverfahren, lehnte die Klägerin die am AdV-Beschluss beteiligten Richter in einem 14-seitigen Schreiben wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte sie u.a. aus, aufgrund der langen Dauer des AdV-Verfahrens sei bei ihr der Eindruck entstanden, dass der Senat ihr Schutzbedürfnis nicht hinreichend ernst nehme. Sie habe eine Immobilie verkaufen und eine Kontenpfändung hinnehmen müssen. Teile ihres AdV-Antrags seien nicht beschieden worden.

Das FG wies die Klage unter Mitwirkung der abgelehnten Richter ab und sah den Ablehnungsantrag im Urteil als rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig an. Der Antrag sei gegen alle am AdV-Beschluss beteiligten Richter gestellt, aber nur mit Umständen begründet worden, die eine Besorgnis der Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen könnten. Nun kommt es: Der Senat habe überdurchschnittlich schnell über den AdV-Antrag entschieden und diesen auch nicht teilweise unbearbeitet gelassen.

Hinsichtlich der Frage der Befangenheit bzw. der Richterablehnung ging es vor den BFH. Und dieser hat – zumindest für mich überraschend – zugunsten der Klägerin entschieden. Er musste sich zwar nicht unmittelbar mit dem Begriff „schnell“ befassen, entschied aber, dass das FG den Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Richter verletzt habe, indem die abgelehnten Richter selbst über den Ablehnungsantrag entschieden haben. Die Bescheidung des Ablehnungsgesuchs durch einen Spruchkörper, der hierfür nicht der gesetzliche Richter war, schlage nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf die Endentscheidung durch.

Fazit:

Wenn es um die Auslegung des Begriffs „schnell“ geht, darf der mit der Hauptsache bzw. dem AdV-Antrag befasste Finanzrichter bzw. der an sich zuständige Senat nicht selbst entscheiden. Dies muss den Richterkollegen überlassen werden. Ob diese ihrerseits schnell über den Antrag auf Ablehnung der Richter entschieden hätten, vermag ich nicht zu beurteilen.

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