Wenn der Betriebsprüfer zweimal klingelt

Eine Betriebsprüfung sorgt bei den meisten Unternehmern für Unbehagen. Immerhin werden Klein- und Kleinstbetriebe eher selten geprüft. Und Anschlussprüfungen sind bei diesen Betrieben noch seltener, es sei denn, es gibt einen bestimmten Anlass, etwa Ungereimtheiten in der Buchführung, die so gravierend sind, dass ein zweiter Besuch des Prüfers aus Sicht der Finanzbehörde sinnvoll erscheint.

Manch Unternehmer muss eine Anschlussprüfung aber ohne offensichtlichen Anlass erdulden. Zumindest erschließt sich ihm selbst dieser Anlass nicht. Und so wird hin und wieder versucht, die Prüfungsanordnung anzufechten. Doch es dürfte wohl nur sehr seltene Fälle geben, in denen eine Anfechtung der Prüfungsanordnung von Erfolg gekrönt ist.

Der eine oder andere hat vielleicht folgendes BFH-Urteil aus dem Jahre 1985 entdeckt und bereits frohlockt: „Soll beim Steuerpflichtigen außerhalb des allgemeinen Prüfungsrhythmus aus besonderem Anlass eine Betriebsprüfung durchgeführt werden, so müssen hierfür Gründe in den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen vorliegen. Die Finanzbehörde muss hierbei erwägen, ob die erforderliche Aufklärung auch ohne Betriebsprüfung erreicht werden kann.“ (BFH 24.01.1985, IV R 232/82, BStBl 1985 II S. 568).

Doch offenbar erschrocken über sein weitreichendes Urteil hat es der BFH in der Folge immer weiter relativiert. In Bezug auf Mittelbetriebe etwas heißt es: „Die Anordnung einer zweiten Anschlussprüfung für ein gewerbliches Einzelunternehmen, das im Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Prüfungsanordnung als Mittelbetrieb eingestuft ist, bedarf grundsätzlich keiner über § 193 Abs. 1 AO hinausgehenden Begründung. Eine derartige Prüfung ist ermessensgerecht, wenn keine Anhaltspunkte für eine willkürliche oder schikanöse Belastung bestehen und sie nicht gegen das Übermaßverbot verstößt. Sie ist nicht übermäßig, wenn das Unternehmen während des vorgesehenen Prüfungszeitraumes zeitweise als Großbetrieb eingeordnet war und sich aufgrund vorliegenden Kontrollmaterials aus Sicht des FA ein Prüfungsbedarf ergibt.“ (BFH-Urteil vom 15.6.2016, III R 8/15, BStBl 2017 II S. 25). Und ganz allgemein hat der BFH im Jahre 1992 ausgeführt: „Eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 ist bereits dann zulässig, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die es nach den Erfahrungen der Finanzverwaltung als möglich erscheinen lassen, dass ein Besteuerungstatbestand erfüllt ist.“ (BFH-Urteil vom 17.11.1992, VIII R 25/89, BStBl 1993 II S. 146).

Ganz aktuell hat der BFH wie folgt entschieden: Es ist in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geklärt, dass die Finanzbehörden auch bei Mittelbetrieben, Kleinbetrieben und Kleinstbetrieben gesetzlich nicht an einen bestimmten Prüfungsturnus gebunden sind. Daher dürfen die Finanzämter selbst kleinste Betriebe einer Anschlussprüfung unterwerfen (BFH-Beschluss vom 7.6.2022, VIII B 105/21).

Denkanstoß:

Man kann viel Zeit, Arbeit und Geld darauf verwenden, eine Prüfungsanordnung über eine Anschlussprüfung anzufechten. Doch solange diese nicht willkürlich ergangen ist, dürften die Erfolgsaussichten für eine erfolgreiche Anfechtung sehr gering sein.

Ich selbst bin einmal zu folgendem Fall hinzugezogen worden: Es wurde eine Anschlussprüfung für die Jahre 2015 bis 2017 angeordnet, weil im Jahre 2014 im Rahmen der vorhergebenden Betriebsprüfung ein – vermeintlich – gravierender Fehler in der Buchführung entdeckt wurde. Tatsächlich stellte sich heraus, dass das Finanzamt falsch lag und kein Bilanzierungsfehler gegeben war. Bis hierhin konnte ich einen Erfolg erzielen. Aber: Die Betriebsprüfungsanordnung für die Jahre 2015 bis 2017 wurde dennoch nicht zurückgenommen. Ich habe daraufhin die Anordnung angefochten, doch mit diesem Ansinnen bin ich gescheitert. Es wurde geprüft.

Man muss dem Prüfer zugutehalten, dass er trotz seiner „Niederlage“ in der Erstprüfung vollkommen unvoreingenommen die Anschlussprüfung absolviert hat. Das sollte zwar selbstverständlich sein, doch die Praxis ist manchmal eine andere.

Mich würde Ihre Erfahrung mit Anschlussprüfungen interessieren. Konnten Sie eine solche schon einmal erfolgreich abwenden? War der Prüfer unvoreingenommen?


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