Zuordnung zum Unternehmensvermögen – kippt die Frist 31. Juli?

Wer ein Gebäude oder eine Photovoltaikanlage errichtet, will bei einer unternehmerischen Nutzung einen möglichst hohen Vorsteuerabzug erreichen. Bei Immobilien oder Anlagen, die zu 100 Prozent unternehmerisch genutzt werden, ist dies kein Problem. Wenn jedoch eine unternehmerische und eine außerunternehmerische (private) Nutzung zusammentreffen, verlangen BFH und BMF eine zeitnahe und vor allem erkennbare Zuordnung zum Unternehmensvermögen. Diese ist spätestens bis zum 31. Juli des Folgejahres des Leistungsbezuges zu treffen, bei Leistungen für ein Gebäude im Jahre 2019 also bis zum 31. Juli 2020. Früher war dies der 31. Mai.

Den 31. Juli bzw. den 31. Mai als echte Ausschlussfrist anzusehen, ist jedoch eine reine Rechtsfortbildung des BFH und im Gesetz nicht unmittelbar normiert.

Nun gibt es zahlreiche Fälle, in denen die Frist nicht beachtet wurde und mithin der Vorsteuerabzug versagt worden ist. Daher haben es bereits zwei Verfahren bis vor den BFH geschafft (XI R 3/19 und XI R 7/19), ein weiteres steht sozusagen in den Startlöchern (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.11.2019, 3 K 2217/18 nrkr.).

Unruhe kam bei den Richtern und der Finanzverwaltung auf, als der EuGH in einem polnischen Verfahren die Frist gekippt hat. Allerdings ging es hier „nur“ um die öffentliche Hand und so war bzw. ist noch nicht klar, ob die Entscheidung auf Privatunternehmer anwendbar ist. Der BFH hat daher den EuGH – wie er seltsamerweise erst soeben bekanntgegeben hat – bereits am 18.9.2019 in den beiden erstgenannten Verfahren um eine Stellungnahme gebeten.

In dem einen Fall geht es um den Vorsteuerabzug für einen betrieblich genutzten Raum (wohl ein Arbeitszimmer) im Eigenheim, in dem anderen um den Vorsteuerabzug für eine Photovoltaikanlage. Beide Male ist die Zuordnung zum Unternehmensvermögen verspätet getroffen worden.

Der BFH vertritt in den Vorlagebeschlüssen die Auffassung, dass nach den von ihm zur Zuordnungsentscheidung entwickelten Kriterien die Revision des Klägers gegen das klageabweisende Urteil unbegründet wäre (= es bliebe bei der Frist). Zweifelhaft sei aber dennoch, ob ein Mitgliedstaat eine Ausschlussfrist für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorsehen dürfe. Zwar gehe das Unionsrecht in Art. 168a Abs. 1 MwStSystRL ausdrücklich von einer „Zuordnung“ von Gegenständen aus. Es enthalte jedoch keine näheren Regelungen hierzu.

Mit dem Vorabentscheidungsersuchen soll auch geklärt werden, welche Rechtsfolgen eine nicht (rechtzeitig) getroffene Zuordnungsentscheidung hat. Das heißt: Bedeutet sie eine zwangsweise Zuordnung zum außerunternehmerischen Bereich unter Versagung des Vorsteuerabzugs?

Sollte der EuGH die bisherige (nationale) Handhabung als zu restriktiv ansehen, würde das die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs bei unternehmerischer Tätigkeit und sog. gemischter Nutzung erleichtern.

Hinweis:

Betroffene sollten sich natürlich auf die Verfahren berufen. In aktuellen Fällen sollte jedoch eine Zuordnung ausdrücklich erfolgen – nicht konkludent, nicht mittelbar auch nicht nur in der Bilanz, sondern am besten per Brief an das Finanzamt.

Weitere Informationen:

Ein Kommentar zu “Zuordnung zum Unternehmensvermögen – kippt die Frist 31. Juli?

  1. Ich hoffe das der EUGH hier entgültig für Klarheit sorgt.

    Eine Zuordnungsfrist steht nicht im Gesetz. Sie ergibt sich nur aus der BFH Rechtsprechung. Und diese Rechtsprechung ergab sich auch nur als Folge zur EUGH Rechtsprechung in der Rechtssache Seeling. Im Prinzip sollte damals das Seelingmodell erschwert bis unmöglich gemacht werden.

    Aber wie sagt der EUGH so schön „das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Bedingungen nicht genügt hat“

    Hoffen wir das er sich an das einmal gesagte hält.

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