Zusammenveranlagung für gleichgeschlechtliche Ehe rückwirkend ab 2001

Seit dem 1.10.2017 ist die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare Wirklichkeit. Es stellte sich daraufhin die Frage, ob Ehepartner nun auch rückwirkend für die Jahre ab 2001 die Zusammenveranlagung beantragen können, und zwar auch in bereits bestandskräftigen Fällen. Im Juli 2018 hatte das FG Hamburg entschieden, dass gleichgeschlechtliche Ehepaare, die ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt haben, die Zusammenveranlagung mit Splittingtarif beantragen können. Dies soll rückwirkend bis zum Beginn der eingetragenen Lebenspartnerschaft möglich sein (FG Hamburg vom 31.7.2018, 1 K 92/18). Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden. Doch auf diese kommt es nicht mehr an.

Denn mit dem „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ wird zum 1.1.2019 eine sehr vorteilhafte Regelung für gleichgeschlechtliche Ehepaare aufgenommen: Bis zum 31.12.2020 können Ehepaare, die seit Oktober 2017 ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt haben, die Zusammenveranlagung beantragen – und zwar rückwirkend bis zum Beginn der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Dies ist auch dann möglich, wenn die Steuerbescheide bereits bestandskräftig sind. Voraussetzung ist, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft bis zum 31.12.2019 in eine Ehe umgewandelt wird (Artikel 97 § 9 Abs. 5 AO-Einführungsgesetz 2019).

  • Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Umwandlung zwar kein rückwirkendes Ereignis, weil die Steuergesetze zur Gleichstellung der Lebenspartner mit Ehegatten bereits entsprechend den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts  angepasst wurden. Im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit soll nun aber ausnahmsweise gesetzlich ein rückwirkendes Ereignis fingiert werden (und damit § 175 Abs. 1 Nr. 2 und Satz 2 AO anwendbar sein), wenn die Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe bis zum 31.12.2019 erfolgt und die Ehegatten bis zum 31.12.2020 gemeinsam die Änderung eines Steuerbescheids zwecks nachträglicher Berücksichtigung des Splittingtarifs beantragen.
  • Die nachträgliche Gewährung des Splittingtarifs führt zu einer Steuererstattung. Auf diese Erstattung werden dann auch Erstattungszinsen in Höhe von 6 Prozent p.a. fällig. Der Zinslauf beginnt hier 15 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist. Und das ist die Umwandlung der Lebenspartnerschaft in die Ehe (§ 233a Abs. 2a AO).

Hinweis:
Nach meinem Dafürhalten dürfte die Änderung auch auf Fragen der Grunderwerbsteuerbefreiung anwendbar sein. Sofern also bei Immobilienübertragungen zwischen betroffenen Ehepartnern Grunderwerbsteuer festgesetzt worden ist, wäre umgehend zu prüfen, inwieweit die Bescheide nun zu ändern sind.

Weitere Informationen:
Finanzgericht Hamburg v. 31.07.2018 – 1 K 92/18

 

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